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Wir sind Renditejäger: auf der Suche nach Renditen im festverzinslichen Universum

Freitag, 03/03/2017

Trotz der Negativzinsen, so unsere Renditejäger, hat festverzinslichen Anlagen noch nicht die Stunde geschlagen. Der Verlauf der Zinskurve, die richtige Dosierung der Duration und eine sorgfältige Auswahl nachrangiger Anleihen sind in der Tat noch Pfeile im Köcher des Jägers auf der Suche nach Renditen im Universum der festverzinslichen Anlagen.

Freitag 03/03/2017 - 09:17
Fabrizio Quirighetti Macroeconomic Strategist
Antonio Ruggeri European Credit Expert
„Anleihen sind noch nicht tot, sie bieten weiterhin die Möglichkeit, die Performance zu steigern. Selbstverständlich ist für maximale Diversifikation zu sorgen, die alle Instrumente und Möglichkeiten des aktuellen Marktumfelds berücksichtigt.“

Allgemein wird angenommen, dass Anleihen in einem Niedrigzinsumfeld ein hohes Verlustrisiko bergen, weil die Zinssätze steigen und die Spreads sich ausweiten können. Aus diesem Grund seien Liquidität und kurzfristige Positionen vorzuziehen.

Unseres Erachtens treiben Liquidität und kurze Duration die Kosten gegenüber dem Nutzen in die Höhe, denn die erzielbare Performance ist aufgrund des Anstiegs der Kurve und des besonderen makroökonomischen Umfelds deutlich höher als die Rendite auf Verfall.

Japan zeigt, dass die Anleger, die in langfristige Anleihen investiert haben, eine um knapp 2 bis 3 Prozentpunkte höhere Performance erzielen konnten, nicht nur in Bezug auf die theoretische Rendite, sondern auch gegenüber Anlagen am kurzen Ende. So hoch wären die Opportunitätskosten des Verzichts auf Langläufer gewesen. Zudem deutet dieses Ergebnis darauf, dass sich ein Durationsrisiko im Portfolio auszahlt.

Szenario 2017: langsam und mäßig

Es ist unmöglich, festverzinsliche Anlagen zu erwähnen, ohne vom makroökonomischen Szenario zu sprechen, bestimmt es doch Entwicklung und Form der Zinskurve, die für die Performance wesentlich sind.

Unser Hauptszenario, so Fabrizio Quirighetti CIO, Co-Head Multi-Asset-Team, stützt sich auf die Fortsetzung des aktuellen, tendenziell mäßigen Wachstums: 2% in den USA, 1,5% im Euroraum, 0,5% in Japan und 6% in China. Wenn sich das Wachstum nicht beschleunigt, überhitzt auch die Kerninflation nicht: 2% in den USA und 1% im Euroraum. Die Geldpolitik bleibt locker oder wird weniger gestrafft, als die Märkte es derzeit einpreisen, und die US-Notenbank erhöht den Leitzins höchstens zwei Mal.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die allgemeine Ungewissheit zwar gestiegen, dennoch gehen wir davon aus, dass das Wachstum mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% unter unserer Erwartung liegt und sich die Lage mit einer Wahrscheinlichkeit von 15% optimistischer entwickelt. Wir erwarten jedenfalls ein Umfeld, in dem die Inflation nicht über das 2. Halbjahr hinaus steigt, weil dann die Basiseffekte der Erdölpreise ihre Wirkung verlieren.

Stimmung an den Märkten

Derzeit scheinen die Märkte ein optimistischeres Szenario zu erwarten, in dessen Rahmen der US-Dollar, die Zinsen und die Erdölpreise anziehen, obwohl die zehnjährigen US-Treasuries vor knapp 6 Monaten 1,3% und die Bundesanleihen 0,2% rentierten und der US-Dollar stabil auf 1,10 zum Euro notierte.

Diese Zuversicht dürfte im Verlauf des 1.Halbjahrs an Schwung verlieren, weil der Markt weiterhin zwischen Deflationsängsten (Ende 2015) und Begeisterung für das Wachstum (Ende 2016) schwanken sollte und so die jüngsten, wenn auch weniger ausgeprägten Fluktuationen der makroökonomischen Variablen vergrößert und auf die Zukunft überträgt. Kurz gesagt, der Markt „schafft und preist Marktzyklen ein", die von den makroökonomischen Daten nicht dauerhaft bestätigt werden. Ferner könnten die zehnjährigen US-Treasuries und Bundesanleihen in den ersten Monaten des Jahres anziehen, aber nicht aus strukturellen Gründen. Im Dezember liegen sie wohl wieder in der Nähe des Ausgangsniveaus auf einer noch ansteigenden Zinskurve.

Mindestens zwei weitere Faktoren unterstützen unsere Einschätzung. Aus Sicht der Anleger würde ein Zinsanstieg die zehnjährigen US-Staatsanleihen unter den wenig riskanten Anlagen außergewöhnlich attraktiv machen und zu Zuströmen führen. Aus Sicht der Emittenten kann sich niemand in einer Welt der Schuldenexplosion strukturell und deutlich höhere Renditen erlauben.

Schließlich sollten auch die Spreads der Unternehmens- und der Staatsanleihen niedrig bleiben, obwohl wir bei letzteren aufgrund der politischen Risiken mit einer höheren Volatilität rechnen.

Jagd auf Renditen im festverzinslichen Anlagenuniversum

Wie kann man in einem so wenig begeisternden Umfeld die Performance steigern? Die Antwort liegt in der Form der Zinskurve. Die Zinsstrukturen steigen normalerweise an. Wenn wir erwarten, dass die Zinsen sich in einem Jahr nicht geändert haben, ist es möglich, die zeitbedingte Verkürzung der Laufzeit zu nutzen, denn ein zehnjähriger Titel ist in 12 Monaten nur mehr ein neunjähriges Papier. Zum Beispiel erzielt eine zehnjährige Bundesanleihe, die zum Jahresbeginn zu einem Zins von 0,2% erworben und nach einem Jahr verkauft wird, eine Gesamtrendite von mehr als 1 Punkt (bei unveränderter Zinskurve). Diese Rendite liegt weit über den theoretischen 0,2% (bei einer Anlage bis zum Ende der Fälligkeit) und gewiss deutlich über der negativen Rendite einer dreimonatigen Anlage. Das Beispiel Japan ist in diesem Sinn überzeugend: Mit Ausnahme sehr kurzer Zeiträume blieb die Rendite der Langläufer höher als die Performance der nahe null abwerfenden kurzfristigen Anlagen und betrug durchschnittlich 2% bis 3%.

Und wenn wir uns irren? Keine Panik

Wie bereits erwähnt, ist das Szenario ungewisser als vor einem Jahr, deshalb ist es sehr gut möglich, dass die Wirtschaft sich deutlicher erholt als erwartet und dass die Zinsen dem Wachstumstrend des 4. Quartals 2016 folgen.

Auch in diesem Fall ist die Duration nicht zu befürchten, denn Anleihen erholen sich viel schneller, als man denkt, in rund 3-12 Monate in dem betrachteten Zyklus, während Aktien nach einem Börsenkrach Jahre brauchen.

Zudem umfasst das Anleihenuniversum vielfältige Instrumente, mit denen das Portfoliorisiko diversifiziert werden kann. Bei der Asset Allocation in unsere Anleihen- und Mischportfolios kommen Unternehmensanleihen klar eine zentrale Rolle zu.

Dank der „runderen" Coupons haben sich Unternehmensanleihen in der Vergangenheit als optimale Verteidigung angesichts von Zinserhöhungen erwiesen. Sie erzielten immer eine höhere (weniger negative oder ganz einfach positive) Performance als Staatsanleihen, da die Leitzinsen in der Regel erst bei einer Konjunkturerholung angehoben werden.

Chancen am Markt der nachrangigen Anleihen

Seit einigen Jahren weisen Unternehmensanleihen jedoch eine engere Korrelation mit Staatstiteln auf, während die Spreads und Renditen im Hochzinssegment viel niedriger ausfallen als früher und sich deshalb weniger gut als defensive Instrumente eignen. Dennoch bieten die viel besprochenen nachrangigen Anleihen interessante Anlagechancen.

Der europäische Markt der nachrangigen Anleihen wirft, so Antonio Ruggeri, durchschnittlich 4,1% ab, d.h. eine ähnliche Rendite wie das Hochzinssegment. Die Bonität der Emittenten ist allerdings mit einem Durchschnittsrating von A- merklich besser. Angesichts der breiten Streuung der Renditen und Spreads und vor allem aufgrund der besonderen Risiken dieser Schuldtitel ist eine vorsichtige Auswahl der Anleihen in diesem heterogenen Universum wesentlich. Aus diesem Grund haben wir eigene Bewertungsmodelle entwickelt, mit denen wir ermitteln, ob diese Risiken in allen Untersegmenten des Marktes (Tier 2 von Banken und Versicherungen, CoCos, Tier 1 Versicherungen und Nicht-Finanzunternehmen) angemessen vergütet werden. Es handelt sich um ein 640 Milliarden Euro schweres Segment (der insgesamt 3,300 Mrd. Euro am europäischen Unternehmensanleihenmarkt), von dem 66% auf Banken und 30% auf Anleihen mit spekulativen Elementen entfallen, aber nur 5% auf Non-Investment-Grade.