Obwohl sich der wirtschaftliche Hintergrund nicht sehr verändert hat und insgesamt günstig bleibt, haben die Störgeräusche deutlich zugenommen. Die Besorgnis über Zölle, Handelskriege und geopolitische Spannungen hat die positiven Auswirkungen der Steuersenkungen, die in den nächsten Quartalen beim Gewinnwachstum erkennbar sein dürften, vollkommen überschattet. Mit Blick auf die weitere Entwicklung fragen sich die Anleger auch, ob der erwartete Anstieg des US-Haushaltsdefizits, mit dem dieses Steuergeschenk bezahlt werden muss, den Dialog um die Geldpolitik ändern wird. Was die Geldpolitik betrifft, weckt die Abflachung der US-Renditekurve auch Befürchtungen, da sie gewöhnlich ein Anzeichen für bevorstehende schwierigere Phasen war.
Es ist noch zu früh, um hierzu eine klare Einschätzung zu gewinnen, wir glauben aber nicht, dass diese Schlagzeilen in der absehbaren Zukunft die Gewinne bestimmen werden. Wir erwarten, dass die Rhetorik rund um Zölle nur geringe Auswirkungen auf das Wachstum und die Inflation haben wird, auch wenn wir anerkennen, dass die Unsicherheiten rund um dieses Thema die Unternehmensausgaben und die Pläne für Neueinstellungen vorübergehend beeinträchtigen können. Die Diskussion um die Zölle hat der Stimmung sowohl an den Finanzmärkten als auch bei den Unternehmensinvestitionen geschadet und unglücklicherweise die Bewertungen belastet, die Anleger zu zahlen bereit sind. Erwähnenswert ist an dieser Stelle die Veränderung der Volatilitätsverhältnisse seit Februar, besonders an den US-Aktienmärkten, an denen von einem Tag zum anderen wie auch im Tagesverlauf erhebliche Schwankungen der Indexkurse festzustellen waren. Der Risikobeitrag des US-Marktes, der im Allgemeinen als der defensivste oder am wenigsten riskante unter den großen Aktienmärkten gilt, ist über den der anderen Märkte gestiegen. Die Entwicklung des Technologiesektors spielt bei diesem ungewöhnlichen Anstieg des US-Aktienrisikos möglicherweise ebenfalls eine Rolle. Was die Neigung der Renditekurve betrifft, kommt es stets zu einer Abflachung, wenn die Zentralbanken ihre Geldpolitik straffen, und es steht sicherlich eine Verlangsamung bevor (d. h. der steilste Teil der Konjunkturerholung liegt hinter uns). Diese könnte aber noch recht weit entfernt sein. Mitte 2005 lag die Differenz zwischen den Renditen der 10-jährigen und der 2-jährigen US-Treasuries nahe am gegenwärtigen Niveau von rund 50 Bp. und kehrte sich im ersten Quartal 2006 sogar zeitweise um. Somit kann die Renditekurve nicht als ein zeitlicher Indikator dienen.
In diesem Zusammenhang behalten wir eine gewisse Präferenz für Risiken und eine leichte Abneigung hinsichtlich der Duration bei. Die Bewertungen sind bei den Aktien geringfügig attraktiver geworden und in geringerem Maße auch bei den Anleihen, allerdings nicht deutlich genug, um zusätzliche Kaufgelegenheiten auszulösen. Umgekehrt hat die jüngste Zinssenkung, besonders in Kontinentaleuropa, nominale Staatsanleihen teurer gemacht. Wir haben die Duration noch nicht herabgestuft, da sie einige Dekorrelationseigenschaften zurückgewonnen hat und die Inflation verhalten geblieben ist. Die einzige bemerkenswerte Änderung ist, dass wir jetzt Schwellenländeranleihen in Hartwährung gegenüber Schwellenländeranleihen in Lokalwährung (die auf eine leichte Abneigung heruntergestuft wurden) bevorzugen. Diese Anlageklasse dürfte weiter von einem sich insgesamt verbessernden gesamtwirtschaftlichen Hintergrund (aufholendes Wachstum, nachlassende Inflation und potenziell weniger restriktive Geldpolitik in der Zukunft) und solideren strukturellen Fundamentaldaten (geringere Abhängigkeit von externen Mitteln zur Finanzierung überschaubarer Haushalts- oder Leistungsbilanzdefizite) profitieren und somit von der wankelmütigen Politik Trumps und der allmählichen Normalisierung der Geldpolitik in den Industrieländern verschont bleiben.
_Fabrizio Quirighetti