Asset Allocation Insights

INVESTITIONSPERSPEKTIVEN 2020

Mittwoch, 01/08/2020

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Mittwoch 08/01/2020 - 10:41
Eric Syz Group CEO
Adrien Pichoud Chief Economist & Senior Portfolio Manager
Luc Filip Head of Discretionary Portfolio Management
Roberto Magnatantini Global Equities Expert
Antonio Ruggeri European Credit Expert
Fabrice Gorin Senior Portfolio Manager
Olivier Maurice Managing Partner & Head of Private Markets
Cédric Vuignier Head of Liquid Alternative Investments
Inhalt
  • Einleitung: Die Komplexität einer geringeren Volatilität
  • Makroökonomischer Ausblick: Der komprimierte Konjunkturzyklus
  • Portfolioaufbau: Investiert bleiben
  • Aktien: Gezielte Suche nach Qualität und Dividenden
  • Festverzinsliche Anlagen: Carry-Chancen
  • Private Markets: Strategien für ein spätzyklisches Umfeld
  • Liquid Alternatives: Drei Themen für die Ertragsdiversifizierung

Einleitung

Die Komplexität einer geringeren Volatilität

Es gibt wenig, was mich nachts wach hält, abgesehen von meinen Enkeln, wenn sie bei uns übernachten. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich kein Notenbanker bin. Noch vor kurzem raubte die Gefahr einer Währungskrise oder einer Rezession Zentralbankern den Schlaf. Heute ist es die «Japanisierung». Dass in Europa oder den USA wie zuvor in Japan Jahre schwachen Wachstums, der Deflation und niedriger Zinsen drohen, bereitet ihnen schlaflose Nächte, weil sie nicht über die Instrumente verfügen, um hiergegen wirksam vorgehen zu können. 

Bisher konnte eine solche Entwicklung dank der beispiellosen Stützungsmassnahmen der Zentralbanken in Europa und Nordamerika weitgehend vermieden werden. Doch die anhaltende geldpolitische Lockerung wirkt sich auf die Produktivität aus. Sie hält unrentable Unternehmen mit billigen Krediten am Leben und treibt die Vermögenspreise in die Höhe. 

Dieses neue Paradigma hat weitreichende Konsequenzen für Anleger. Es wirkt sich auf die Kosten für das Halten von Liquidität und die Risiken aus. Vor allem aber verändert es die Bedingungen in der Realwirtschaft, indem es reale Investitionen bremst und die Tätigkeit von Unternehmern erschwert. 

Eine der wichtigsten Lehren des Jahres 2019, in dem sich die Märkte von den Verlusten von Ende 2018 erholten, ist, dass Anleger schnell reagieren und vor allem investiert bleiben müssen. Japanisierung bedeutet aus unserer Sicht auch, dass wir uns auf kürzere und weniger extreme Konjunkturzyklen einstellen müssen. Ausserdem rechnen wir mit höheren Aktienrenditen, Carry-Chancen bei festverzinslichen Anlagen sowie attraktiven Renditen von Investment-Grade- und nachrangigen Anleihen. Darüber hinaus identifizieren wir Chancen an den Privatmärkten und bei liquiden Alternativen. Während wir versuchen, Antworten auf die zukünftigen Herausforderungen von Anlegern zu finden, sind wir davon überzeugt, dass sich mit diesen Strategien 2020 erfolgreiche Portfolios aufbauen lassen. 

Viel Spass beim Lesen.

_Eric Syz

Makroökonomischer Ausblick

Der komprimierte Konjunkturzyklus

2019 kreiste alles um eine Rezession – diese blieb aber letztlich aus. Die Federal Reserve in den USA machte eine Kehrtwende, die eine weitere Lockerungswelle bei anderen Notenbanken einschließlich der in den Schwellenländern auslöste. An der Schwelle zu 2020 scheint sich dieser Trend in sein Gegenteil zu verkehren und bahnt den Weg für eine positivere Wachstumsdynamik. Wir glauben: Diese Entwicklungen sind ein Zeichen für einen breiteren, tief greifenden Wandel mit maßgeblichen Folgen für alle Anleger. 

Ein weiterer Trend, der auch in Zukunft bestehen bleibt, ist die „Japanisierung“. Der Begriff steht für die von schwachem Wachstum, geringer Inflation und niedrigen Zinsen geprägte wirtschaftliche Situation, in der Japan fast drei Jahrzehnte lang gefangen war. Heute trifft diese Beschreibung auch auf die westlichen Volkswirtschaften zu. Hinter diesem Schlagwort verbirgt sich ein Trend, dessen Folgen für Anleger oft übersehen werden. 

Wir haben uns an recht lange Konjunkturzyklen mit einem Wechselspiel aus kräftigen Erholungen und steilen Einbrüchen gewöhnt, die ein V-förmiges Schema aus relativ langen konjunkturellen Phasen des Aufschwungs mit plötzlichen Ausschlägen nach unten ergeben. Innerhalb dieses Rahmens pflegten die Zentralbanken in Zeiten expandierender Volkswirtschaften, die Kreditkonditionen schrittweise zu verschärfen, um dem Inflationsdruck entgegenzuwirken, was schließlich in Rezessionen mündete, bevor das Spiel von vorne begann. Die auch bei uns einsetzenden „japanischen“ Verhältnisse markieren die Abkehr von diesem seit Jahrzehnten vertrauten Muster.

Wir sind überzeugt, dass dieses neue Modell auch kürzere und verhaltenere Konjunkturzyklen von maximal einigen wenigen Quartalen oder Jahren mit sich bringen wird. Diese Verkürzung der Zyklen und ihre geringeren Ausschläge bedeuten für Anleger, dass sie sich an schwächere oder gemischte Signale von Seiten der traditionellen Indikatoren einstellen müssen. Man denke nur an die jüngste Rezession im verarbeitenden Gewerbe in den USA oder an die kurzlebige Inversion der Renditekurve.

Überdies könnten sich Zinssätze auf kurze Sicht als weniger wirkungsvolle Instrumente zur Steuerung der Auf- und Abwärtsbewegungen erweisen. Die bereits hohe Verschuldung von Privathaushalten und Unternehmen begrenzt unvermeidlich ihr Aufnahmevermögen wie auch ihren Appetit auf weitere Kredite. Das führt dazu, dass das Eingreifen der Zentralbank mit jedem weiteren Zinsschnitt weniger Wirkung entfaltet. 

Positiv ist zu verzeichnen, dass der Inflationsdruck minimal und die Zinsen niedrig, aber stabil bleiben. Wir gehen nicht davon aus, dass die Zentralbanken die geldpolitischen Zügel noch deutlich lockern werden. Allerdings könnten sie ihren derzeitigen Kurs weiterfahren, und dies mindestens noch durch das Jahr 2020 hindurch, da sie ihre Inflationsziele weiterhin verfehlen. Dies würde ein Fortdauern des Niedrigzinsumfelds bedeuten und Anleger zwingen, auf der Suche nach Rendite ihren Investitionsradius zu erweitern und im Hinblick auf künftige Mini-Zyklen, die vielleicht in Monaten und nicht in Jahren bemessen werden, taktischer zu denken. 

CHART 1
Quelle
SYZ AM, Factset

Was die spezifischen Risiken für das kommende Jahr betrifft, so werden die Märkte die Beziehungen zwischen den USA und China genau im Blick behalten. Die Spannungen hängen in erster Linie von politischer Bereitschaft ab, die durch innenpolitische Faktoren erschwert wird. Jede ernsthafte Verschlechterung im Verhältnis zwischen Washington und Peking würde die USA Wachstum kosten und womöglich eine weitere Reaktion der Fed auslösen, um ein Erstarken des Dollars zu verhindern. Dies vorausgeschickt, könnte aus unserer Sicht nur eins von zwei Extremen die Fed dazu bewegen, 2020 erneut an den Zinsen zu rühren: eine weltweite Rezession oder ein plötzlicher Wachstumsschub in den USA. Während wir solche dramatischen Entwicklungen nicht ausschließen können, scheint keins dieser Szenarien für das vor uns liegende Jahr wahrscheinlich. 

All dies bedeutet: Bis zu einer Rückkehr zu einer normalisierten Geldpolitik werden wir uns noch lange gedulden müssen, selbst im Fall eines weltweit stärkeren Wachstums. Weder die Europäische Zentralbank noch die Fed dürften ihre Leitzinsen anheben. Somit werden die realen Geldmarktsätze negativ bleiben, und dies auch in US-Dollar. Folglich dürfte mit Blick auf 2020 Gold einen gewissen Wert behalten – wenn nicht für attraktive Renditen, so zumindest doch als nützliches Diversifikationsinstrument in den Portfolios und zumal in dem Fall, dass verstärkt von der Fiskalpolitik Gebrauch gemacht wird. 

Was Währungen angeht, so lässt sich leichter sagen, wovon wir nicht ausgehen: Es gibt keinen Grund, eine weitere deutliche Aufwertung des Dollars zu erwarten. Seit 2014 wurde dieser von einem zunehmenden Zinsgefälle zum Rest der Welt gestützt, das sich unserer Erwartung nach nun stabilisieren dürfte. Während also nichts dafür spricht, den Euro oder den Schweizer Franken stark zu bevorzugen, sollten sich Anleger in unseren Augen nicht länger darauf verlassen, von weiteren Zugewinnen des US-Dollars zu profitieren. Dies bedeutet zugleich, dass Schwellenländeranlagen 2020 weniger Gegenwind durch einen starken Dollar ausgesetzt sein werden. 

_Adrien Pichoud

Portfolioaufbau

Investiert bleiben

Eine Lektion aus dem Jahr 2019 lautet: „Bleibe trotz schwankender Marktstimmung investiert“. Während viele Anlageklassen in diesem Jahr auf dem Papier recht ordentliche Renditen abwarfen, sind für viele Anleger diese Zahlen leider tatsächlich nur rein theoretischer Natur. Unsere Portfolios hingegen blieben das ganze Jahr hindurch investiert und erzielten eine starke Performance. 

Da wir in einer „japanisierten“ Welt mit niedrigen oder gar negativen Zinsen leben, stehen Anleger unter dem Druck, ihre Barbestände – vielleicht mit Ausnahme von Positionen in US-Dollar – in Vermögenswerten anzulegen, die mit einem höheren Risiko behaftet sind. Somit ist es möglich, dass wir bis in das Jahr 2020 hinein einen Wettlauf unterinvestierter Anleger um Renditen erleben werden. In einem solchen Umfeld empfehlen wir, Derivate als Instrument zur Abfederung möglicher Verluste zu nutzen, insbesondere bei holpriger Fahrt an den Aktienmärkten. Diese Derivate bilden die Grundlage für Positionen, die für eine stabilere Performance der Portfolios sorgen.

Unsere Positionierung im Aktiensegment lässt sich grob so zusammenfassen: Untergewichtung in Europa und Japan, neutrale Gewichtung in Schwellenländern und Übergewichtung in den USA, die weiterhin mit einem soliden Gewinnwachstum aufwarten. Wir sind der Auffassung, dass sich Aktienanleger auf Titel von Qualitätsunternehmen mit niedriger Verschuldung konzentrieren und dabei Marktführer mit starken Bilanzen auswählen sollten. Über diese Faustregel hinaus sind wir davon überzeugt, dass Qualitätsaktien aus dem Large-Cap-Segment in der jetzigen späten Zyklusphase attraktiv bleiben werden.

Das anhaltende Niedrigzinsumfeld bedeutet, dass unsere Portfolios neben Aktien über einen selektiven, gestaffelten Ansatz in Zinspapiere investiert sind: Am kurzen Ende der Renditekurve sollten Schwellenländer- und Hochzinsanleihen aus unserer Sicht sowohl Euro- als auch Dollaranlegern ansehnliche Renditen bieten. Hochverzinsliche Unternehmensanleihen werden deshalb eine interessante Renditequelle bleiben, weil sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld nicht weiter eintrübt und somit nicht zu befürchten ist, dass die Ausfallraten stark ansteigen. Bei Durationen zwischen fünf und zehn Jahren bevorzugen wir Unternehmensanleihen der Investment-Grade-Kategorie aus Europa und den USA. Am langen Ende der Renditekurve schließlich ist es sinnvoll, sich gegen eine Verschlechterung der makroökonomischen Rahmenbedingungen abzusichern, indem man in auf US-Dollar und Euro lautende Staatsanleihen mit Fälligkeiten von zehn Jahren und mehr investiert. 

Es bleiben reichlich Unsicherheitsfaktoren bestehen: der Handelskrieg zwischen den USA und China, die US-Wahl im November und die Entwicklung der britischen Brexit-Politik. Insgesamt bleiben die Konsumausgaben in den meisten Industrieländern jedoch robust. Solange dies der Fall ist und die wichtigsten Zentralbanken (die Federal Reserve der USA und die Europäische Zentralbank) an ihrer akkommodierenden Geldpolitik festhalten, um den Konjunkturzyklus zu verlängern, sollten die Märkte jedoch in der Lage sein, eventuelle Volatilitätsschübe wegzustecken. 

In dieser absehbaren Zukunft anhaltend negativer Geldmarkt- und Anleiherenditen besteht die wichtigste Voraussetzung für Anlageerfolg im Jahr 2020 darin, investiert zu bleiben und einige Portfolio-Absicherungen beizubehalten.

_Luc Filip

USD gewichtete Composite-Performance
Chart 2
Quelle
SYZ Private Banking. Daten per 24.11.2019.

Aktien

Gezielte Suche nach Qualität und Dividenden

Wie im vorigen Abschnitt erwähnt, rechnen wir damit, dass das makroökonomische Umfeld im nächsten Jahrzehnt von niedriger Inflation und geringem Wirtschaftswachstum und damit von sehr tiefen Zinsen geprägt sein wird. Dieses „Japanisierungsszenario“ wird für die Aktienmärkte gravierende Folgen haben. Sie werden höchstwahrscheinlich zu einem riskanten Terrain, sollten aber auch hervorragende Chancen eröffnen. Das zeigt der Rückblick.

Zwei Anlagestile dürften in einem solchen Szenario besonders erfolgreich sein. Der erste fokussiert sich auf hochwertige Wachstumsaktien: Unternehmen, die unabhängig vom konjunkturellen Klima in der Lage sind, weiter zu wachsen, dürften aufgrund ihrer Seltenheit ein steigendes Kurs-Gewinn-Verhältnis verzeichnen. Der zweite Stil setzt auf ertragsstarke Aktien – nicht nur aufgrund ihrer überlegenen Dividendenrendite, sondern auch, weil diese Unternehmen unter schwierigen Marktbedingungen in der Regel ein besseres Risiko-Rendite-Profil aufweisen.

„Japanisierung“ heißt nicht, dass es keine Konjunkturzyklen mehr geben wird. Es bedeutet nur, dass diese schwächer ausfallen dürften als in der Vergangenheit. Genau dies ist unser Szenario für das Jahr 2020, für das wir von einem leicht anziehenden Wachstum ausgehen. Dies wiederum lässt erwarten, dass konjunktursensible Sektoren nach jahrelanger Schwäche besser abschneiden. Es scheint somit geboten, das ein oder andere opportunistische zyklische Engagement ins Portfolio aufzunehmen. Dies könnte insbesondere über eine Reihe gut geführter Industrieunternehmen und Anbieter zyklischer Konsumgüter erreicht werden, deren historisch tiefe Bewertungen reichlich Spielraum für Bewertungssprünge lassen, falls sich das Konjunkturklima 2020 aufheitern sollte.

Den Schwerpunkt aller Portfolios sollten jedoch weiterhin Qualitätsunternehmen bilden, die ungeachtet des makroökonomischen Umfelds gedeihen können. Wir sind bestrebt, Aktien auszuwählen, die Preissetzungsmacht in Branchen mit hohen Eintrittsbarrieren genießen und so das Risiko einer Disruption verringern. Dies ist deshalb so entscheidend, weil mit der technologischen Entwicklung, der Globalisierung und dem leichten Zugang zu Kapital die Herausforderungen an die Unternehmen enorm gestiegen sind. Hiervon ist potenziell jede Branche betroffen, vom Gesundheitssektor über Verbrauchermarken bis hin zu Finanzdienstleistungen. Um sich vor Verlusten zu schützen, müssen Anleger ihre Portfolios genauer denn je unter die Lupe nehmen. 

Wir geben nach wie vor Technologiefirmen den Vorzug. Sie zählen zu den größten Gewinnern dieser Umwälzungen in der Wettbewerbslandschaft. Einige dieser Unternehmen werden strukturell von ihnen profitieren, und wir beabsichtigen, langfristig investiert zu bleiben. Diese Firmen sind Wachstumsmaschinen und sollten als Kernaktien im Portfolio belassen werden. Da sie zufällig überwiegend ihren Sitz in den USA haben, sind wir in dieser Region zudem übergewichtet.

Operative Gewinnmargen im US-IT-Sektor ggü. dem US-Industriesektor ... Die Prämie ist gerechtfertigt
Chart 3
Quelle
SYZ, Bloomberg

Auch haben wir Gefallen an Dividendenzahlern, solange sie nicht Wachstum und Investitionen für überzogene Ausschüttungen opfern. Diese Unternehmen sind meist disziplinierter als Pendants, die keine Dividenden zahlen, was langfristig zu überlegenen Risiko-Rendite-Profilen führt. In einer Welt extrem niedriger Zinsen stellen auch sie eine wertvolle Ertragsquelle dar.

Dividendenaktien sind billig …
Chart 4
Quelle
SYZ AM, BLOOMBERG, NED DAVIS. Daten per Ende Oktober 2019.

2020 wird mit geopolitischen Stolpersteinen gepflastert sein: Die US-Wahl, die Unruhen in Hongkong und der Brexit sind nur einige Beispiele. Dank der freundlicheren Konjunkturlage, eines wieder stärkeren Ergebniswachstums und noch immer akkommodierender Zentralbanken gehen wir jedoch von einem weiteren Jahr positiver Wertentwicklungen aus.

_ Roberto Magnatantini / Saïd Tazi

Festverzinsliche Anlagen

Carry-Chancen

Anleiheanleger müssen heute einen deutlich breiteren Ansatz verfolgen, um Rendite zu erzielen, als noch vor gerade einmal einem Jahrzehnt. Für sie gilt es nicht nur, ihren geografischen Anlageradius zu erweitern, sondern auch, sich weiter in die Renditekurve vorzuwagen. Die drohende „Japanisierung“ und die Tatsache, dass ein Viertel der Anlageklasse im negativen Bereich rentiert, hat Anleger veranlasst, sich jenseits ihrer Heimatmärkte nach positiven Renditen umzusehen und die Risiken neu zu bewerten. 

2020 werden sich Anleger auf Carry-Renditen konzentrieren, ihre kurzfristigen Perspektiven anpassen und dabei Namen auswählen müssen, die trotzdem noch relativ gute Renditen bei niedrigerer Volatilität abwerfen. Gefragt ist eine aktivere Strategie, die positive Carry-Erträge identifiziert, das Portfolio jedoch dank einer sorgfältigen Titelauswahl keinen unnötigen Risiken aussetzt. So sollte es möglich sein, eine niedrigere Portfoliovolatilität bei relativ soliden Erträgen sicherzustellen. 

Entgegen dem ersten Eindruck hat die letzte Stunde der Festverzinslichen noch nicht geschlagen. In einem Umfeld positiven Wachstums sind wir davon überzeugt, dass sowohl hochverzinsliche Unternehmensanleihen als auch Schwellenländeranleihen in harten Währungen zur Portfoliorendite beitragen. Es bieten sich gute Carry-Chancen. Dank einer Kombination aus Wachstum, Unterstützung durch die Zentralbanken und ausbleibender Inflationserwartungen werden die Zinshüter an ihrem jetzigen Kurs festhalten können.  

Wichtigster Allokationstreiber wird freilich die Jagd nach Rendite bleiben. Dass 2019 ein renditestarkes Jahr war, ist weniger einer Verengung der Spreads geschuldet als viel mehr den sinkenden Zinsen. Es gibt weiterhin Wertschöpfungspotenzial und Luft für eine weitere Komprimierung. Denn: Die Spreads bewegen sich irgendwo zwischen angemessen und leicht überteuert. 

Chancen bei Unternehmensanleihen der Güteklasse Investment Grade bestehen vornehmlich im fünf- bis zehnjährigen Bereich der Renditekurve, wo die Zinsspannen höher sind. Dies gilt insbesondere für die Eurozone, in der die Europäische Zentralbank weiterhin Wertpapiere aufkauft. Unter diesen Vorzeichen stellen diese Anleihen eine gute Alternative zu Staatsanleihen dar. 

Die seit der Finanzkrise noch immer angeschlagenen nachrangigen Anleihen gelten weiterhin als Risikoanlagen. Wir sind dagegen der Meinung, dass diese Berührungsängste übertrieben sind und die Bewertungen dieser Titel aufholen werden, sobald die Anleger eine Neubewertung ihrer Investment-Grade-Emittenten vornehmen. 

In den Schwellenmärkten bieten brasilianische Staatsanleihen in Hartwährung einen deutlichen Zinsvorteil. Zudem besteht hier eine hohe Wahrscheinlichkeit erfolgreicher politischer Reformen, die den Anleihekursen Auftrieb geben dürften. Interessante Carry-Chancen eröffnen sich auch bei indonesischen und russischen Anleihen, da hier die Fundamentaldaten von Unternehmensbonds solide bleiben. Südafrikanische Zinspapiere schließlich warten mit attraktiven Bewertungen und einer potenziellen Spread-Verengung auf, vorausgesetzt, die konjunkturelle Lage verbessert sich.

Nicht zuletzt bevorzugen wir im Hinblick auf Staatsanleihen US-Treasuries gegenüber ihren europäischen Pendants. Sollten wir mit unseren Wachstumsprognosen falsch liegen, so bieten Treasuries ein attraktiveres Carry und eine bessere Zehnjahresabsicherung als Staatsanleihen anderer Länder. Das größte Fragezeichen in einem solchen Szenario wäre ein Sieg der Demokraten bei der US-Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr. Dieser könnte im Hinblick auf die bisherigen Wahlkampfversprechen steigende Löhne und eine höhere Inflation nach sich ziehen – bei einem solchen Wahlergebnis würden Indexgebundene US-Staatsobligationen Anlegern eine bessere Absicherung bieten. 

_Antonio Ruggeri / Fabrice Gorin

ÜBERBLICK ÜBER DEN GLOBAL FIXED INCOME MARKET
Die Renditen sind in der Währung der Anleihe angegeben.
Chart 5
Quelle
Die Daten stammen von ICE Indices und wurden von SYZ AM aufbereitet. Daten per Ende November 2019.

Private Markets

Strategien für ein spätzyklisches Umfeld

Der Aufbau einer Allokation nicht börsengehandelter Wertpapiere innerhalb eines breit gestreuten Portfolios bietet eine Reihe an Diversifizierungs- und Renditevorteilen. Er erfordert eine jahrelange Allokationsdisziplin zur Streuung des sogenannten Vintage-Risikos und der Cashflows. Wir sind zudem der Auffassung, dass Flexibilität bei der taktischen Allokation gefragt ist, um auf Veränderungen in der Bewertungslandschaft reagieren zu können. Wer erfolgreich sein möchte, solltelangfristig Denken, einen rationalen Anlageprozess konsequent umsetzen und Sekundärmärkte nutzen.   

Angesichts ihrer historisch starken Wertentwicklungen rangierten Private-Asset-Strategien im Zufriedenheitsranking der Anleger bislang weit vorn. Nach vielen Jahren lockerer Geldpolitik und niedriger Zinsen stellt sich mit der Inflation der Vermögenspreise für Anleger natürlich die Frage, ob die Bewertungen angemessen sind. Unserer Meinung nach ist es entscheidend, die Asset-Allokation aktiv zu gestalten und äußerst selektiv vorzugehen, was individuelle Chancen angeht. Dies gilt ganz besonders in einem spätzyklischen Konjunkturumfeld. 

Vor diesem Hintergrund möchten wir uns nicht auf finanzielle Hebeleffekte oder steigende Bewertungskennzahlen verlassen, um Performance zu generieren. Stattdessen positionieren wir unser Portfolio für betriebliche Wertschöpfung, indem wir Unternehmen mit strukturellem Wachstumspotenzial anvisieren. Die Qualität des Führungsteams ist und bleibt dabei ein Schlüsselkriterium in unserem Entscheidungsprozess. 

Um unsere Ziele zu erreichen, halten wir kontinuierlich nach Co-Investments mit spezialisierten Teams Ausschau, die in ihrer jeweiligen Nische eine starke Erfolgsbilanz vorweisen können. Ihre Fähigkeit, strukturelle Komplexität zu meistern und sich Informationsvorsprünge zu sichern, ermöglicht den Einstieg bei niedrigeren Bewertungskennzahlen. Die Fähigkeit, dauerhaft Mehrwert zu schaffen und Vermögenswerte für einen attraktiven Ausstieg zu positionieren, bildet eine gute Ergänzung zu den eigentlichen Renditequellen. Aus diesem Grund sehen wir bessere Aktienrisikoprämien bei Buy-and-Build-Aktivitäten mit kleinen und mittleren Unternehmen sowie bei Turnaround-Kandidaten insbesondere in Europa. 

Diese Merkmale finden sich meist bei kleineren Firmen mit geringerer Informationstransparenz, weniger zwischengeschalteten Prozessen und überschaubarer Konkurrenz. Wir sind in der glücklichen Lage, in diesem Bereich vielversprechende Chancen ergreifen zu können. Denn: Diese Unternehmen fallen aufgrund ihrer Größe, ihrer Komplexität oder ihres schwer zugänglichen Markts aus dem Raster traditioneller Vermögensverwalter.

Das gegenwärtige Umfeld wird von Rekordsummen an Fremdkapital und lebhafter Emissionstätigkeit befeuert. In dieser spätzyklischen Situation entscheiden wir uns bewusst auch für die Absicherung gegen Abwärtsrisiken und für Diversifizierung, indem wir „Sondersituationen“ und unkorrelierte Strategien in unseren Portfoliomix einfließen lassen. So halten wir zum Beispiel nach Unternehmen Ausschau, die in unseren Augen für einen makroökonomischen Abschwung besser gewappnet sind. Zu diesen Unternehmen gehören jene, die beispielsweise in den Bereichen Prozessfinanzierung, Lizenzgebühren oder Distressed-Strategien tätig sind. 

Entscheidend für den Anlageerfolg an den Märkten für nicht börsengehandelte Wertpapiere ist es, nicht in die Trägheitsfalle zu tappen. Dass sich eine Strategie in der Vergangenheit bewährt hat, bedeutet noch lange nicht, dass sie sich auch für das kommende Jahrzehnt eignet. Allzu leicht werden die Lehren eines früheren Zyklus über Bord geworfen – eine gefährliche Verhaltensweise, besonders in einer Umgebung, in der unserer Ansicht nach mangelnde Liquidität zu mehr Volatilität führen wird, da die Banken nicht länger als Marktmacher fungieren. 

Angesichts der fairen Bewertung vieler Vermögenswerte, hoher Verschuldungsniveaus, knapper Liquidität und der wachsenden Dominanz passiver Strategien sind die Marktbedingungen nicht ohne Risiko. Dennoch bieten sie für die von uns verfolgten Strategien ein hochattraktives Chancenspektrum. 

_Olivier Maurice

MITTLERES EBITDA-KAUFPREIS-MULTIPLE FÜR BUYOUT-TRANSAKTIONEN WELTWEIT NACH TRANSAKTIONSGRÖSSE
Chart 6
Quelle
PitchBook Data, Inc.

Liquid Alternatives

Drei Themen für die Ertragsdiversifizierung

Auf der Suche nach dem richtigen Gleichgewicht aus Risiko und Rendite in einem Portfolio können Liquid Alternatives eine wichtige Rolle dabei spielen, Alpha (die Überschussrendite im Vergleich zu einer Benchmark) zu identifizieren. Die Herausforderung besteht darin, dass es nur dann echtes Alpha geben kann, wenn ein Markt Ineffizienzen aufweist. Sobald zu viele Anleger auf dieselbe Strategie setzen, erodieren diese Ineffizienzen zu schlichtem Beta. 

Wir sind überzeugt, dass bei der Suche nach Alpha drei Themen in den kommenden zwölf Monaten eine überragende Rolle spielen werden. 

Das erste ist die Arbitrage bei Wandelanleihen, also die Generierung von Mehrwert aus der Differenz zwischen einer Wandelanleihe und der ihr zugrunde liegenden Aktie. Der Ausblick für diese Strategie hat sich im letzten Jahr nicht wesentlich geändert. Sie erlaubt es, von einer volatileren Umgebung zu profitieren und zugleich eine Position am Aktienmarkt beizubehalten. Überdies kommt dieser Strategie zugute, dass die Pipeline bei Kapitalmaßnahmen vielversprechend ist und dass sich Neuemissionen in den USA dank eines neuen Steuergesetzes verbessern könnten.

Zweitens gibt es unserer Ansicht nach in Japan ein Wertsteigerungspotenzial - was angesichts unserer Überzeugung, dass Industrieländer weltweit von einer „Japanisierung“ bedroht sind, nicht einer gewissen Ironie entbehrt. Die Reformen, die Premierminister Shinzo Abe jüngst angestoßen hat, bewirken in Japans Privatwirtschaft einen tiefgreifenden Wandel. Indem es für sie teurer wird, Barmittel zu horten, werden japanische Unternehmen dazu ermuntert, vermehrt Unternehmenstransaktionen wie Fusionen einzugehen und Aktien zurückzukaufen. Und es funktioniert: Die Transaktionstätigkeit gewinnt an Fahrt – und das schafft Anlagechancen mit einem höheren Mehrwert für Aktionäre. 

Unser drittes Anlagethema für das kommende Jahr lautet „maschinelles Lernen“. Diese revolutionäre Technologie wird die Art und Weise, wie wir die Welt erleben, tiefgreifend verändern: Computer werden ihre eigenen Algorithmen schreiben und neue Anwendungen entwickeln, um altbekannte wie auch neue Probleme zu lösen. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem Maschinen Data-Mining betreiben, um unabhängig von menschlichen Hypothesen auf einer Vielzahl von Gebieten Modelle zu erstellen und Entdeckungen zu machen. Dies hat einen Datenwettlauf und unter Anlegern eine Alpha-Jagd am Markt ausgelöst. Für Anleger, die in diese Technologien investieren möchten, sind hochspezialisierte Manager sinnvoll. Diese können sich darauf konzentrieren, die Portfolios zu optimieren und Anlage- und Prognosemodelle zu entwickeln. 

Wir sind davon überzeugt, dass jedes dieser Themen im Jahr 2020 eine wichtige Rolle spielen wird und das Potenzial hat, neue Renditequellen zu erschließen und eine willkommene Diversifizierung in die Anlegerportfolios zu bringen. 

_Cédric Vuignier

Emissionen am US-Markt für Wandelobligationen
In Mrd. US-Dollar
Chart 7
Quelle
BofA Merrill Lynch Global Research, ICE Data Indices, LLC. Daten per Ende OKTOBER 2019.