Asset Allocation Insights

Unsere monatliche Einschätzung der Asset-Allokation (Februar 2018)

Freitag, 03/02/2018

Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass der rationale Überschwang des letzten Jahres in diesem Jahr in ein irrationaleres Verhalten umschlagen könnte – nächste Phase: Euphorie?

Freitag 02/03/2018 - 09:00
Fabrizio Quirighetti Macroeconomic Strategist
Hartwig Kos
Adrien Pichoud Chief Economist & Senior Portfolio Manager
Luc Filip Head of Discretionary Portfolio Management
  • Wirtschaftswachstum und -dynamik sind in den Industrieländern nach wie vor sehr positiv.
  • Die Zinsmärkte könnten zunehmend mit einer künftig weniger expansiven Geldpolitik rechnen, was sich negativ auf die Finanzierungsbedingungen auswirken könnte.
  • Unsere relative Präferenz für die Aktienmärkte gegenüber Anleihen blieb im Berichtszeitraum unverändert.

Die Elastizität wird auf die Probe gestellt

Die Rally an den Aktienmärkten in den letzten Jahren war aus unserer Sicht auf TINA («there is no alternative» bzw. es gibt keine Alternative) zurückzuführen. Nun scheint allerdings FOMO («fear of missing out» bzw. die Angst, nicht dabei zu sein) im Mittelpunkt zu stehen, wenn es darum geht, den Knall an den Aktienmärkten zu Jahresbeginn zu erklären. Einerseits werden die Anleger immer zuversichtlicher oder wiegen sich zumindest angesichts der derzeit soliden und synchronisierten Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft, die seit der Grossen Rezession gefehlt hatte, immer mehr in Sicherheit. Andererseits warten die Zentralbanken noch immer auf einen höheren Inflationsdruck. Vorher werden sie nicht beginnen, die massive, nach der Krise eingerichtete geldpolitische Lockerung zurückzufahren. Es ist also kein Wunder, dass die Anlagebewertungen zunehmend überteuert sind. So weit, so gut. Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass der rationale Überschwang des letzten Jahres in diesem Jahr in ein irrationaleres Verhalten umschlagen könnte – nächste Phase: Euphorie?
Das wird natürlich stark von der Inflationsentwicklung und der Geldpolitik abhängen. Da wir für die nächsten Wochen keine bedeutenden Veränderungen erwarten, sollte die «Party» noch eine Weile weitergehen. Aus diesem Grund haben wir unsere Positionierung nicht verändert. Wir haben unsere zuversichtliche, aber überschaubare und selektive Risikopositionierung beibehalten. Dies gilt vor allem für japanische und europäische Aktien, da wir immer noch darauf warten, dass eine Erholung des US-Dollar die relative Attraktivität ihrer Bewertungen im Vergleich zu den US-Märkten zutage bringt. Wir bevorzugen Aktien gegenüber Unternehmensanleihen und einige Schwellenländeranleihen in Lokalwährung gegenüber Schwellenmarktaktien im Allgemeinen. Auch bei unserer Durationspositionierung (Abneigung) hat sich nichts geändert, denn der Weg des geringsten Widerstands geht für die Zinsen nach wie vor aufwärts.
Mit Blick auf die weitere Entwicklung dürfte sich unseres Erachtens bis zum Frühjahr ein gewisser (moderater) Preisdruck einstellen. Die Inflationsraten werden sich dann in den Industriestaaten allmählich auf etwa 2-3% normalisieren (aber nicht mehr). Zugleich wird Jerome Powell am 21. März seine erste Offenmarktausschusssitzung leiten. Die US-Leitzinserwartungen werden bedingt durch die restriktiveren Töne der Fed und im Einklang mit der Aufwärtskorrektur der Wachstums- und Inflationsprognosen nach oben revidiert. Der Druck und die Aufmerksamkeit werden sich anschliessend auf die EZB richten, die zu gegebener Zeit ihre Absichten und einen Zeitplan für das Ende der quantitativen Lockerung und die erste Zinserhöhung darlegen wird. Zu guter Letzt werden sich auch die BoJ, die SNB und andere grosse Zentralbanken in den Industriestaaten der EZB anschliessen.
Solange sich die Anleger schrittweise auf dieses neue und insgesamt weniger günstige Umfeld einstellen bzw. sich darauf vorbereiten, sollte es keine grösseren Probleme geben. Man sollte allerdings damit rechnen, dass die Volatilität wieder zunimmt und der Aufwärtstrend für risikoreichere Anlagen weniger deutlich ausfallen wird. Das Risiko in dieser Drosselungsphase im «Goldlöckchen»-Umfeld besteht in einem möglichst ausgeglichenen Zusammenspiel der unterschiedlichen Faktoren wie steigende Zinsen, Normalisierung der Geldpolitik, des Wirtschaftswachstums und der Inflationserwartungen, die sich gegenseitig beeinflussen und die Bewertungen verzerren dürften. Wie bereits mehrfach in der Vergangenheit erlebt, ist die Elastizität der Anlagebewertungen leider nicht grenzenlos: Wird sie zu sehr oder zu stark strapaziert, lässt sie irgendwann nach oder geht sogar verloren.

_Fabrizio Quirighetti

Der wirtschaftliche Hintergrund auf einen Blick und Ausblick auf die Weltwirtschaft

«Der gegenwärtige Aufschwung (Sweet Spot) ist nicht die neue Normalität», warnte der IWF im Januar. Anlegern, die dies für eine Art gewöhnlichen Haftungsausschluss halten, sei jedoch verziehen. Tatsächlich schätzt der IWF die Aussichten positiv ein: Angesichts des höheren erwarteten BIP-Wachstums in den USA und in Europa wurden die globalen Wachstumsprognosen für die nächsten zwei Jahre auf 3,9% angehoben. Auch die monatlichen Konjunkturindikatoren halten in den Industriestaaten weiterhin positive Überraschungen bereit. Infolgedessen ziehen die Rohstoff- und Energiepreise an – ein zusätzlicher Wachstumsmotor für die Erzeugerländer.
Genau aus diesem Grund ist die Warnung des IWF wahrscheinlich so zeitgemäss: Dieser «Sweet Spot» ist das Ergebnis des kräftigen Wachstums, das bisher mit der Verbraucherpreisinflation in Einklang war. Die Volkswirtschaften konnten also ihren Kuchen behalten und essen, d. h. eine sehr expansive Geldpolitik beibehalten und gleichzeitig vom höchsten globalen Wachstum seit einem halben Jahrzehnt profitieren. Eine solche ideale Situation wird allerdings nicht lange anhalten, da die Dynamik des Konjunkturzyklus schliesslich in einen Inflationsanstieg mündet und steigende Rohstoff- und Energiepreise diesen Trend noch verstärken. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Hierbei handelt es sich NICHT um negative, sondern vielmehr um «normale» Entwicklungen, die als Zeichen für eine wachsende Weltwirtschaft zu begrüssen sind. Diese könnten wiederum eine weitere «normale» Entwicklung auslösen: Zinssensitive Märkte rechnen möglicherweise mit einer künftig weniger lockeren Geldpolitik, was zu weniger vorteilhaften Finanzierungsbedingungen führen könnte. Sollte dies entsprechend unseren Erwartungen in den kommenden Monaten und zeitnah nach einer Neubewertung der Zinsmärkte geschehen, wird die Weltwirtschaft den Sweet Spot zugunsten eines normaleren Umfelds hinter sich lassen. Faktoren wie die ungünstigen Entwicklungen hinsichtlich Demografie und Produktivität werden sich negativ auf die potenziellen Wachstumsraten auswirken, und die Hypersensitivität gegenüber Zinsanstiegen wird die Wachstums- und Inflationsdynamik in Grenzen halten.

Wachstum
Wirtschaftswachstum und -dynamik sind in den Industrieländern nach wie vor sehr positiv, wobei sich die Dynamik in einigen Ländern verbessert, vor allem in den ölproduzierenden Volkswirtschaften. In den Schwellenländern gestaltet sich das Wachstum weniger spektakulär, ist aber trotzdem durchweg positiv.

Inflation
Dieser wichtige makroökonomische Indikator ist in den meisten Industriestaaten nach wie vor verhalten, wird aber in den kommenden Monaten voraussichtlich wieder anziehen. In den Schwellenländern ist die Dynamik uneinheitlicher.

Geldpolitische Haltung
Kurz und knapp: in den Industriestaaten immer noch sehr expansiv, aber mit Tendenz zu einer gewissen Normalisierung; in den Schwellenländern dagegen überwiegend restriktiv (in unterschiedlichem Masse), ohne dass ein klarer Trend erkennbar ist.

«Eine solche ideale Situation wird allerdings nicht lange anhalten, da die Dynamik des Konjunkturzyklus schliesslich in einen Inflationsanstieg mündet.»
Adrien Pichoud Chief Economist & Senior Portfolio Manager
Trends und Niveau der Einkaufsmanagerindizes im verarbeitenden Gewerbe
PMI
Quelle
Factset, Markit, SYZ Asset Management. Stand der Daten: Dienstag, 12. Dezember 2017
Inflationstrend und Abweichung vom Ziel der Zentralbank
Inflation
Quelle
Factset, Markit, SYZ Asset Management. Stand der Daten: Dienstag, 12. Dezember 2017

Industriestaaten
Alle aktuellen Konjunkturdaten haben die starke Wachstumsdynamik der US-Wirtschaft zum Jahreswechsel bestätigt. Das Votum für die Steuerreform hat die Stimmung sogar noch zusätzlich unterstützt (bevor sie möglicherweise den Unternehmens- und Konsumausgaben leichten Auftrieb gibt). Nachdem sie im 4. Quartal voraussichtlich das dritte Quartal in Folge um über 3% gewachsen ist, beginnt die US-Wirtschaft das Jahr 2018 auf einer soliden Grundlage, wobei die kurzfristigen Risiken hinsichtlich Konjunktur und Inflation eher aufwärtsgerichtet sind. Vor diesem Hintergrund wird sich der neue Fed-Chef Jerome Powell ab Anfang Februar einem relativ unkomplizierten Umfeld gegenübersehen: Er hat viele Gründe, die US-Kurzfristzinsen weiter anzuheben, und bisher keinen Anreiz, den bisherigen schrittweisen Zinsanhebungsrhythmus zu verändern.
Für Mario Draghi gestaltet sich die Situation auf der anderen Seite des Atlantiks paradoxerweise etwas komplizierter, obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) zweifellos ihre aktuellen Herausforderungen den potenziellen Risiken des Zerfalls der Eurozone, der Fragmentierung der Geldpolitik, der fehlgeschlagenen Transmission der Geldpolitik über den Bankenkanal, der Unterkapitalisierung der Banken oder den Deflationsrisiken vorzieht, die die Institution in den letzten zehn Jahren bewältigen musste. Auch wenn die Inflationsraten immer noch unter der EZB-Zielmarke liegen, erhöhen die deutlich besseren Wachstumsbedingungen im gesamten Euroraum den Druck auf die Zentralbank, zumindest ihre Aussichten für das Ende der quantitativen Lockerung und den Zeitpunkt künftiger Zinserhöhungen mitzuteilen. Die Märkte preisen jetzt schon die Möglichkeit ein, dass der Euro schneller als erwartet aufwertet, und treiben den Euro an den Devisenmärkten in die Höhe. Für Mario Draghi besteht die Kunst darin, das Tempo dieser willkommenen Normalisierung zu regulieren, um unerwünschte negative Auswirkungen infolge einer raschen Währungsaufwertung und restriktiverer Finanzierungsbedingungen zu verhindern.
Mit diesem Dilemma sind praktisch alle Zentralbanken der Industriestaaten konfrontiert, die noch nicht mit der Normalisierung begonnen haben (Skandinavien, Japan, Australien, Schweiz): Sie müssen die extrem expansive Geldpolitik entsprechend der sinkenden Notwendigkeit zurückfahren, ohne die derzeitige positive Wachstumsdynamik zu gefährden. Dies wird im Jahr 2018 im Mittelpunkt der makroökonomischen Debatten stehen.

Schwellenländern
Externe Faktoren sind der Wachstumsdynamik in den meisten Schwellenländern weiterhin förderlich. Die lebhafte Nachfrage aus den Industrieländern treibt das Exportwachstum in Ostasien und Europa an. Steigende Öl- und Rohstoffpreise stützen das Wirtschaftswachstum in Förderländern wie Russland oder Brasilien. Auf der anderen Seite könnte der Ölpreisanstieg eine Bedrohung für ölimportierende Länder mit Leistungsbilanzdefizit wie Indien, die Türkei und Südafrika sein.
Positive Trends bei den Schwellenländerwährungen im Jahr 2017 – die meisten Schwellenländerwährungen werteten nach Jahren der Abwertung gegenüber dem US-Dollar auf – trugen jedoch zur Eindämmung der Inflation bei. Ausnahmen bildeten die Türkei, Mexiko und Südafrika, die mit einem hausgemachten endogenen Preisdruck zu kämpfen haben. Den ostasiatischen und osteuropäischen Notenbanken bietet sich dadurch die Möglichkeit, einen leicht expansiven geldpolitischen Kurs zu verfolgen. China dagegen strebt gezielte Massnahmen zur Begrenzung des übermässigen Kreditwachstums in einigen Sektoren der Wirtschaft und des Finanzsystems an.

_Adrien Pichoud

Das globale Wachstum UND die Inflation werden 2018 voraussichtlich anziehen
Graph
Quelle
Factset, IWF, SYZ Asset Management Stand der Daten: 29. September 2017

Erkenntnisse der Anlagestrategie-Gruppe und Anlagebewertung

Risiko und Duration
Keine Änderung der Einschätzung

Aktienmärkten
Auch bei den Aktienmärkten sind unsere relativen Präferenzen unverändert geblieben, wobei Japan die am stärksten bevorzugte Region ist. Es folgen Europa, die USA und Grossbritannien. Gegenüber Schwellenmärkten und anderen kleineren Märkten nehmen wir eine leicht ablehnende Haltung ein. 

Anleihenmärkte
Die allgemeine Präferenz für Duration ist zwar nach wie vor leicht negativ, aber es wurden einige Änderungen an der aktuellen Asset-Allokation im Anleihensegment vorgenommen. Durch den jüngsten Ausverkauf an den Staatsanleihenmärkten gewinnt dieses Marktsegment langsam wieder an Wert. Deshalb wurde das Segment um eine Stufe auf eine leichte Präferenz angehoben. Inflationsindexierte Anleihen aus Kanada und den USA erscheinen dagegen etwas weniger attraktiv, und es gab einige geringfügige Änderungen in der Einschätzung der einzelnen Märkte für Schwellenländeranleihen. Im Segment für Staatsanleihen der Industrieländer gehören US-Treasuries weiterhin zu unseren bevorzugten Papieren.

«Unsere Risikoausrichtung und unsere relativen Präferenzen an den Aktienmärkten blieben unverändert.»
Hartwig Kos

Ende Januar 2018 rentierten 10-jährige US-Treasuries mit 2,7%. Im Vergleich zu Anfang September 2017 entspricht dies einem Anstieg von 0,74%. Gründe für diese deutliche Renditeverschiebung bei Treasuries in den letzten Monaten waren zum einen die Markterwartungen, dass die US-Notenbank erneut die Zinsen anheben würde, und zum anderen die Befürchtungen, dass die US-Steuerreform den Inflationsdruck verstärken und Fragen hinsichtlich der Schuldendynamik der USA aufwerfen könnte. Viele Marktkommentatoren haben Parallelen zwischen dieser kürzlichen Verschiebung der Anleiherenditen und dem Taper Tantrum gezogen. Analysiert man die Treiber der beiden Renditetendenzen, wird jedoch erkennbar, dass diese Ausverkäufe sehr unterschiedlicher Natur sind. In den beiden ersten Monaten des Taper Tantrums stiegen die Anleiherenditen um rund 1%. Geschuldet war dies der Laufzeitprämie, einer Risikoprämie zum Ausgleich von geldpolitischen Unsicherheiten. Auch die Realrendite, d. h. die Wachstumserwartungen, hatte einen Einfluss. Die Risikoprämie für unerwartete Inflationsänderungen (Breakeven-Inflation) ging in dieser Zeit sogar zurück. Der jüngste Renditeanstieg wurde hingegen gleichermassen von der Realrendite (Wachstum) und der Breakeven-Inflation (Inflation) verursacht, wobei sich die Laufzeitprämie kaum veränderte. Auch wenn die Inflation leicht ansteigt, besteht unseres Erachtens für die USA oder die Weltwirtschaft nicht einmal annähernd eine Inflationsgefahr. Ausserdem könnte die Inflation, die zurzeit die Märkte heimsucht, zum Teil auch vorübergehender Natur sein. Das bedeutet: Wenn früher oder später die Renditen (Risikoprämien) steigen, werden immer mehr Argumente für den Kauf von Treasuries sprechen. Bei relativer Betrachtung sind sie deutlich attraktiver als andere Märkte für erstklassige Anleihen.

«Gründe für die deutliche Renditeverschiebung bei Treasuries in den letzten Monaten waren zum einen die Markterwartungen, dass die US-Notenbank erneut die Zinsen anheben würde, und zum anderen die Befürchtungen, dass die US-Steuerreform den Inflationsdruck verstärken und Fragen hinsichtlich der Schuldendynamik der USA aufwerfen könnte.»
Hartwig Kos

Währungen, alternative Anlagen & liquide Mittel
Der Yen wurde von einer leicht negativen Einschätzung auf eine leicht positive Einschätzung hochgestuft. Dafür gibt es folgende Gründe: Die Währung ist günstig, und die Zentralbank ist von allen grossen Zentralbanken noch immer die mit der am wenigsten restriktiven Haltung. Die Bank of Japan hat also bezüglich ihrer Reaktion auf das höhere Wachstum und den etwas stärkeren Inflationsdruck noch Nachholbedarf. Darüber hinaus trägt der Yen beim Portfolioaufbau erneut zur Diversifizierung bei und profitiert zudem von einem schwächeren US-Dollar, der weiterhin unser Basisszenario für das kommende Jahr bildet.

_Hartwig Kos

Anlageeinschätzungen
Anlageeinschätzungen