Wie so oft war der August an den Finanzmärkten kein so ruhiger Monat, wie man es als Urlauber im Sommer vielleicht erwartet hatte. Nach zwei Monaten, in denen die Aktien- und Anleihenmärkte durch die verlockende Aussicht auf Zinssenkungen Auftrieb erhalten hatten, wurden die Anleger mit nur einem Tweet daran erinnert, wie knallhart die Realität ist: Die Handelsspannungen und globalen Wachstumsunsicherheiten werden weiter bestehen bleiben, und mit ihnen auch die potenziellen Abwärtsrisiken für Stimmung und Konjunktur.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen tatsächlichen und potenziellen Entwicklungen. Objektiv sieht die Lage derzeit so aus, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft aufgrund der nachlassenden zyklischen Dynamik, der schwächeren Industrietätigkeit und der Unsicherheiten um den Welthandel und die geopolitischen Bedingungen – die US-Zölle und den Brexit, um nur wenige zu nennen – weiter verlangsamt. Unterstützung erhält das Wirtschaftswachstum aber bislang noch von der robusten Dienstleistungstätigkeit und vom Verbrauch der privaten Haushalte, bei geringer oder rückläufiger Arbeitslosigkeit, lockeren Finanzierungsbedingungen und gestiegenen Immobilienpreisen.
Für die Zukunft besteht klar das Risiko, dass der Abwärtstrend bei Industrietätigkeit und Geschäftsklima auf den Dienstleistungssektor überschwappen und die Stimmung der Verbraucher beeinträchtigen könnte. Je länger dieser Abwärtstrend anhält, desto wahrscheinlicher wird es, dass ein solches Überschwappen zum Auslöser für das gefürchtete Szenario einer weltweiten Rezession werden könnte. Es gibt aber noch keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Szenario Gestalt annimmt. Deshalb wäre die Annahme, dass ein derart negatives Szenario Wirklichkeit wird, genauso unklug wie die Annahme, dass sich die Dinge letztendlich zum Besseren wenden.
Je nach Szenario könnten die Bewertungen von Aktien oder Anleihen entweder als zu hoch oder als angesichts der erwarteten deutlichen Lockerung der Geldpolitik noch attraktiv betrachtet werden. Der beste Ansatz in dieser Situation ist unserer Ansicht nach ein Gleichgewicht zwischen Vermögenswerten, die von einer Stabilisierung des Wachstums wahrscheinlich profitieren werden, z. B. Aktien, Unternehmensanleihen und Schwellenländeranleihen, auf der einen Seite und solchen, durch die Portfolios voraussichtlich geschützt werden, falls eine globale Rezession Wirklichkeit wird, auf der anderen Seite. Zu den letzteren gehören Staatsanleihen, Gold und der japanische Yen.
Unserer Ansicht nach besteht die Gefahr in dieser Phase vor allem darin, der Versuchung nachzugeben, ohne Faktenbasis zu handeln und damit die Allokation zu destabilisieren und unbegründet auf das eine oder andere zu setzen. Wir räumen zwar ein, dass die Abwärtsrisiken zugenommen haben, bleiben aber bei unserer „vorsichtig neutralen“ Haltung und nehmen lieber innerhalb der Anlageklassen Umschichtungen vor, um die Robustheit unserer Portfolios zu verbessern.
_Adrien Pichoud