Der nicht so freundliche, von der Handelskrieg-Rhetorik dominierte geopolitische Hintergrund beschäftigte die Anleger in den letzten Monaten am meisten. Zugleich enttäuschten die Indikatoren für das Wirtschaftswachstum in Europa und Japan die Erwartungen – die nach dem ausserordentlich guten Jahr 2017 allerdings überhöht waren. Darüber hinaus hat sich die US-Renditekurve weiter abgeflacht und könnte in den nächsten sechs bis zwölf Monaten umkippen. In der Vergangenheit deutete dies auf eine Rezession im nächsten halben oder ganzen Jahr hin. Die US-Expansion ist nicht mehr taufrisch. Der grössere Teil dieser Erholung und Expansion liegt mittlerweile hinter uns. Deshalb wird in der Zukunft eine Rezession oder zumindest eine Abkühlung oder Stagnation des Wachstums eintreten. Für eine solche Prognose ist es jedoch immer noch zu früh, deshalb ist es auch noch zu früh, um in unseren Portfolios entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Darüber hinaus sind die zögerlichen Anzeichen einer Stabilisierung des Wachstums in den übrigen Industriestaaten beruhigend. In den Schwellenländern ist das Bild uneinheitlicher, aber auch hier rechnen wir mit einer Verbesserung, da sich der US-Dollar stabilisieren sollte und die Straffung der US-Notenbank (Fed) auf absehbare Zeit eingepreist ist.
Es gibt aber auch positive Aspekte: Das Wachstum ist insgesamt nach wie vor passabel, die Inflation ist moderat, und mit Ausnahme der Fed ist die Geldpolitik der anderen grossen Zentralbanken eindeutig unterstützend. Die Verlangsamung in China bleibt unter Kontrolle, da die Regierung zu einer Lockerungspolitik mit geldpolitischen und fiskalischen Stimulationsmassnahmen und einem schwächeren Yuan zurückgeschwenkt ist. Die US-Berichtssaison für das 2. Quartal begann verheissungsvoll, da die Banken massive Aktienrückkaufprogramme ankündigten und die Bewertungen von US-Aktien, die zu Beginn des Jahres sehr teuer waren, jetzt offenbar nahe am fairen Wert liegen. Unternehmensanleihen, insbesondere europäische High-Yield- und Investment-Grade-Anleihen, sind in den letzten Monaten ebenfalls weniger teuer geworden.
In einem Umfeld, in dem die Inflation noch nicht zu einem Problem geworden ist, die Finanzierungsbedingungen immer noch eher akkommodierend sind und das Wachstum noch nicht ins Stocken geraten ist, beurteilen wir Risikoanlagen immer noch zuversichtlich. Andererseits hegen wir eine leichte Abneigung gegenüber der Duration – der Weg des geringsten Widerstands geht für die Zinssätze nach wie vor aufwärts. Um unsere risikobereite Positionierung jedoch etwas gegen eine mögliche Eskalation des Handelskriegs abzusichern, die sich einfach nicht prognostizieren oder quantifizieren lässt, bleibt unsere geografische Positionierung im Aktiensegment eindeutig stärker auf die USA ausgerichtet und vermeidet weltweit starke Sektorschwerpunkte. Bei festverzinslichen Anlagen scheint eine zusätzliche Portion europäischer Unternehmensanleihen – oder wenigstens eine relative Übergewichtung im Vergleich zu US-Unternehmensanleihen – eine gute Möglichkeit zu sein, das Wachstum in Europa anzuerkennen.
_Fabrizio Quirighetti