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Wahlsieg Emmanuel Macron

Montag, 05/08/2017

Diesmal lagen die Wahlprognosen nicht falsch: Frankreichs neuer Präsident heißt – wie nach den Ergebnissen des ersten Wahlgangs erwartet – Emmanuel Macron. Für die nächsten fünf Jahre wird also ein Präsident an der Spitze des Staates stehen, der die Fortsetzung des europäischen Projekts und die Liberalisierung der französischen Wirtschaft befürwortet. Mit dem Wahlsieg Macrons ist das Risiko eines erneuten Schlags gegen die Europäische Union nach dem Brexit abgewendet – ein Schlag, der diesmal angesichts der zentralen Rolle Frankreichs im europäischen Aufbauprozess fatal hätte sein können.

Montag 08/05/2017 - 09:51
Adrien Pichoud Chief Economist & Senior Portfolio Manager

Politisches Risiko zerstreut

Der Wahlausgang bannt somit wenigstens für eine gewisse Zeit das politische Risiko, das europäische Finanzanlagen seit einem Jahr mit einer Abfolge von Wahlen in Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Frankreich belastet. Die im Herbst bevorstehenden Wahlen in Deutschland bergen längst nicht das gleiche Strukturrisiko für die Zukunft der europäischen Institutionen und des Euro. Auch bei den bevorstehenden Parlamentswahlen besteht die größte Herausforderung nicht mehr in einem Bruch Frankreichs mit Europa, sondern vielmehr in der Frage, ob es dem neuen Präsidenten gelingt, sein politisches Programm umzusetzen. Klar ist, dass ein Teil der Franzosen, die ihn im zweiten Wahlgang gewählt haben, sein Programm nicht unterstützt. Die Ergebnisse der französischen Parlamentswahlen und der Wahlen zum Deutschen Bundestag werden die Entwicklung der europäischen Politik in den kommenden Jahren beeinflussen; den institutionellen Rahmen der EU und des Euro werden sie allerdings nicht in Frage stellen.

Der Fokus liegt nun auf den Fundamentaldaten

Folglich können die Anleger sich nun auf die wirtschaftlichen Fundamentaldaten der europäischen Finanzanlagen konzentrieren. In einem von positivem, aber moderatem Wachstum der Weltwirtschaft geprägten Umfeld, in dem die US-Wirtschaft (erneut) allzu positive Erwartungen enttäuscht, profitiert die Eurozone von einer positiven Dynamik, da sie sich noch in der Mitte des 2013 begonnenen Wachstumszyklus befindet. Im 1. Quartal 2017 lag ihr BIP-Wachstum über dem des US-BIP, was im Jahr 2016 noch nicht der Fall war. Die Angst vor einer Deflation flaut ab, was die Debatte um einen allmählichen Ausstieg aus der ultraakkommodierenden Geldpolitik der EZB in den vergangenen Jahren anheizt. Vor diesem Hintergrund dürfte es in den kommenden Monaten zu erheblichen Bewegungen an den Finanzmärkten kommen, selbst wenn die unmittelbare Wirkung des Wahlsiegs von Emmanuel Macron begrenzt bleiben wird. Schließlich hatten die Märkte dieses Szenario nach dem Ausgang des ersten Wahlgangs bereits erwartet.

Der Euro wird stärker dank der Reduktion des existenziellen Risikos

Als erstes dürfte sich die Wirkung auf den Euro bemerkbar machen. Nachdem das „existenzielle“ Risiko der französischen Präsidentschaftswahl vorüber ist und die Aussicht auf eine allmählich weniger expansive Geldpolitik der EZB besteht, dürfte der Euro aufwerten, insbesondere gegenüber dem US-Dollar, wenn die Fed ihre Ambitionen aufgrund einer weniger dynamischen US-Wirtschaft als erwartet zurückschrauben muss.

Die europäischen nachrangigen Anleihen haben attraktive Renditechancen

Zweitens werden die Zinsen betroffen sein. Die Aussichten auf eine allmähliche Drosselung der Lockerungspolitik der EZB aufgrund eines positiven Wirtschaftswachstums dürften die europäischen Langfristzinsen in die Höhe treiben. Dies gilt insbesondere für die deutschen Zinsen, die bis zu den Wahlen in Frankreich von ihrem Status als Zufluchtswert profitieren konnten. Die Zinsen französischer, italienischer und spanischer Staatsanleihen dürften ihrerseits von der sinkenden politischen Risikoprämie profitieren und weniger Aufwärtsdruck verspüren. Unter den Unternehmensanleihen weisen nachrangige europäische Papiere attraktive Renditeaussichten auf, denn nicht nur das Risiko einer Auflösung der Eurozone ist zunächst abgeflaut. Auch durch die positive Wirkung steigender Zinsen auf die Rentabilität der Banken bietet sich das Potenzial einer Verengung der Kreditspreads.

Aktien: Inländisch orientierte Sektoren profitieren

Schließlich dürften auch die europäischen Aktienmärkte in den nächsten Monaten von der geringeren politischen Risikoprämie profitieren. Dies gilt allerdings nicht für alle Sektoren! Finanzwerte und auf den europäischen Binnenmarkt ausgerichtete Titel sind die Hauptnutznießer der aktuellen Wachstumsdynamik, und ihre Bewertungen dürften aufholen. Unternehmen mit einem erheblichen Engagement außerhalb der Eurozone dürften hingegen von der Aufwertung des Euro belastet werden.