Asset Allocation Insights

Unsere monatliche Einschätzung der Asset-Allokation (Oktober 2017)

Donnerstag, 10/12/2017

Das Warten auf Godot hat endlich ein Ende. Nach neun Jahren und drei quantitativen Lockerungsprogrammen (QE 1, 2 und 3) hat die Fed in diesem Monat begonnen, ihre Bilanz zu reduzieren. Während die EZB sich erst noch auf die Drosselung vorbereitet, hat in den USA bereits die Ära des Bilanzabbaus und der geldpolitischen Normalisierung begonnen. Die USA sind nicht nur stark, sondern haben immer einen Vorsprung...

Donnerstag 12/10/2017 - 17:40
Fabrizio Quirighetti Macroeconomic Strategist
Hartwig Kos
Adrien Pichoud Chief Economist & Senior Portfolio Manager
Luc Filip Head of Discretionary Portfolio Management
  • Das seit Beginn des Jahres herrschende günstige Wachstumsumfeld bleibt intakt, wobei sich sogar einige der schwächeren Länder allmählich erholen.
  • Japan wurde in diesem Monat von (+) auf (++) hochgestuft. Europa und Japan sind derzeit die bevorzugten Aktienmärkte.
  • In unseren Multi-Asset-Portfolios haben wir die allgemeine Risikobereitschaft leicht positiv (+) und das Durationsrisiko niedrig (--) belassen.
Die positive oder negative Haltung gegenüber globaler Risikobereitschaft und wesentlichen Anlageklassen wird auf einer sechsstufigen Skala von (+++) bis (---) bewertet.
Allokation

1, 2, 3… und dann nicht mehr?

Das Warten auf Godot hat endlich ein Ende. Nach neun Jahren und drei quantitativen Lockerungsprogrammen (QE 1, 2 und 3) hat die Fed in diesem Monat begonnen, ihre Bilanz zu reduzieren. Während die EZB sich erst noch auf die Drosselung vorbereitet, hat in den USA bereits die Ära des Bilanzabbaus und der geldpolitischen Normalisierung begonnen. Die USA sind nicht nur stark, sondern haben immer einen Vorsprung...

... und ihre Maßnahmen hier sind überhaupt nicht verrückt! Sie achten darauf, die Märkte nicht zu beunruhigen, die von der extrem lockeren Geldpolitik sehr profitiert haben. Sollten Sie wie Janet Yellen und die Mehrheit der Notenbanker aufgrund des „mysteriösen“ Verschwindens der Inflation der Waren- und Dienstleistungspreise konsterniert sein, so werden Sie zumindest zustimmen, dass die Geldpolitik die erwartete Wirkung auf die Inflation der Preise für Finanz- und Immobilienanlagen erzielt hat. Die Fed wird daher langsam vorgehen: Sie wird ganz einfach einige Kupons und Anleihen, die ablaufen, nicht mehr reinvestieren. Darüber hinaus wird sie anfänglich den automatischen, aber stark kontrollierten Abbau auf USD 10 Mrd. pro Monat begrenzen und anschließend allmählich auf USD 50 Mrd. anheben. Ich erspare Ihnen die Rechnerei: weniger als USD 300 Mrd. im Jahr 2018 und nicht mehr als USD 600 Mrd. im folgenden Jahr. Mit Yellens Worten ausgedrückt, wird der Abbau der Bilanz so spannend sein „wie Farbe beim Trocknen zuzuschauen“.

Doch die Märkte und die Anleger – auch wir – sind nervös. Deshalb betrachten wir die langfristigen US-Zinsen (falls sie zu schnell steigen) und den Kreditmarkt (falls die Liquidität austrocknet) mit gewisser Sorge. Es fühlt sich ein wenig so an wie das leicht unangenehme Gefühl beim Abheben eines Flugzeugs, wenn kurz der Gedanke an einen möglichen zwar unwahrscheinlichen, aber potenziell katastrophalen Unfall kurz aufkommt. Versuchen wir es mit ein wenig positiver Autosuggestion, damit wir nicht in unbegründete Panik verfallen. Die Fed und die USA stehen zwar im Mittelpunkt der Finanzwelt und der Weltwirtschaft, doch andere große Notenbanken wie die EZB und die BoJ werden weiterhin aufgeblähte Bilanzen haben. Die Nettobilanzsumme der bedeutenden Notenbanken wird daher im nächsten Jahr weiter ansteigen. Hinzu kommt, dass die Zinssätze in den meisten dieser Länder immer noch nahe null sind und die langfristigen US-Zinsen allein kaum zum Höhenflug ansetzen dürften. Schließlich ist die Reaktion des Marktes auf den Bilanzabbau der Fed – oder ihre geldpolitische Straffung durch Zinsanhebungen, wobei die nächste wohl schon im Dezember anstehen könnte – auch von dem Wirtschaftsumfeld abhängig, in dem er erfolgt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es nur wegen der geldpolitischen Straffung zu einem Ausverkauf von US-Treasuries kommt, wenn das nominale Wachstum plötzlich einbrechen würde.

Wirtschaftliche Expansion und Haussemarktphasen haben noch nie aus Altersschwäche ein Ende gefunden, deshalb ist es noch immer (viel?) zu früh, um sich Sorgen zu machen. Und ich sage dies nicht nur, um meine eigenen Nerven zu beruhigen!

_Fabrizio Quirighetti

Der wirtschaftliche Hintergrund auf einen Blick

Ein schwerer Hurrikan. Ein Raketenstart, gefolgt von Verhöhnungen auf Twitter. Ein weiterer schwerer Hurrikan. Ein weiterer Raketenstart, gefolgt von mehr Verhöhnungen auf Twitter. Und doch reagieren die Finanzmärkte fast überhaupt nicht. Kalter Zynismus? Ach was, das ist die Wirtschaft! Die Weltwirtschaft wächst größtenteils: 179 von 192 Ländern mit einem Anteil von insgesamt 98,8% am weltweiten BIP werden nach Prognosen des IWF voraussichtlich dieses Jahr ein positives BIP-Wachstum verzeichnen. Für 2018 ist derzeit keine Rezession in Sicht. Dieses Wachstum erzeugt unterdessen aber keinen Inflationsdruck. Die Gründe dafür werden nur teilweise verstanden, haben aber die unmittelbare Auswirkung, dass die Notenbanken ihre Geldpolitik nicht schnell straffen müssen und die langfristigen Zinsen niedrig bleiben. Der letzte Teil der Gleichung spricht sogar für eine Fortsetzung des globalen Wachstums in den kommenden Quartalen. Solange die Zinsen niedrig bleiben, dürfte das eine große makroökonomische Ungleichgewicht der Weltwirtschaft – hohe öffentliche und private Schulden – nicht zusammenbrechen. In einem solchen Umfeld dürften Naturkatastrophen, solange sie lokal begrenzt bleiben, und Säbelrasseln, solange es nicht in einen Atomkrieg mündet, den makroökonomischen Ausblick nicht behindern.

 

Wachstum

Das günstige Wachstumsumfeld, das seit Jahresbeginn herrscht, bleibt auch am Ende des Sommers intakt. Selbst die schwachen Glieder in der Weltwirtschaft (Russland, Brasilien, Südafrika) erholen sich allmählich. Negativ an diesem positiven Wachstumsbild ist nur, dass es kaum noch besser werden kann.

 

Inflation

Die Inflation ist derzeit DIE Schlüsselkennzahl. Dass sie nicht auf das starke Wachstum und die niedrige Arbeitslosigkeit reagiert, sorgt weiterhin für Rätselraten bei den Notenbankern der Industrieländer. Eine Ausnahme bildet allerdings Großbritannien. In vielen Schwellenländern ist die Inflation ebenfalls auf ein ungewöhnlich niedriges Niveau gesunken, doch die strukturellen Probleme scheinen weniger ausgeprägt als in den Industrieländern.

 

Geldpolitische Haltung

Für die Notenbanken der Industrieländer ist die Zeit zur Normalisierung gekommen. Alle Notenbanken deuten mehr oder minder offen an, dass sie angesichts der positiven Wachstumsdynamik bestrebt sind, ihre geldpolitische Unterstützung zu drosseln. Doch eine solche Normalisierung kann und wird in Anbetracht der verhaltenen Inflation nur sehr allmählich erfolgen. In den Schwellenländern halten die Notenbanken an ihrem relativ straffen Kurs fest.

„Für die Notenbanken der Industrieländer ist die Zeit zur Normalisierung gekommen. Alle Notenbanken deuten an, dass sie ihre geldpolitische Unterstützung drosseln wollen.“
Adrien Pichoud Chief Economist & Senior Portfolio Manager
Trends und Niveau der Einkaufsmanagerindizes im verarbeitenden Gewerbe
Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes
Quelle
Factset, Markit, SYZ Asset Management. Stand der Daten: August 2017
Inflationstrend und Abweichung vom Ziel der Zentralbank
Inflation
Quelle
Factset, SYZ Asset Management. Stand der Daten: August 2017

Industrieländer

In der US-Wirtschaft, die ohne negative Überraschungen stetig um ihr Potenzialwachstum zulegt, ist die zukünftige Wirtschaftspolitik zur größten Unsicherheit geworden. In der Haushaltspolitik wurde die gefürchtete Frist für die Schuldenobergrenze bis Dezember aufgeschoben, um zu verhindern, dass die dringend benötigten Hilfsgelder für Hurrikanschäden im aktuellen Sumpf des Kongresses stecken bleiben. Doch die Debatte wird wieder entfacht werden, und damit einhergehend rücken auch wiederkehrende Themen wie versprochene Steuersenkungen, Infrastrukturausgaben und Gesundheitsreformen wieder in den Vordergrund, die bislang die Erwartungen enttäuscht haben. Geldpolitisch hat die Federal Reserve den Beginn der groß angekündigten „Umkehr der quantitativen Lockerung“ ausgelöst und rechnet nach wie vor damit, den Zinserhöhungszyklus im Dezember und im kommenden Jahr fortzuführen. Doch die Märkte scheinen weniger überzeugt als die Fed, dass die derzeit schwache Inflation nur vorübergehender Natur ist.

Im Euroraum signalisieren die Wirtschaftskennzahlen ein robustes Konjunkturwachstum. Auch die jüngste Stärke des Euro scheint bisher keine Auswirkungen auf die Industrietätigkeit zu haben. Paradoxerweise dürfte die Stärke der Währung die zukünftige Inflation etwas dämpfen. Dies hat bei der letzten EZB-Sitzung zu der seltsamen Situation geführt, dass die Prognose für das BIP-Wachstum für 2017 nach oben revidiert wurde (auf 2,2%) und für die nächsten zwei Jahre hoch bleiben soll, während die Inflationsprognose gesenkt wurde. Hauptgrund hierfür ist die Stärke des Euro, was bedeutet, dass das Inflationsziel der EZB nicht vor 2020 erreicht werden dürfte. Die EZB beschloss, auf dem „Normalisierungspfad“ zu bleiben, und signalisierte, dass Ende Oktober mit einer Ankündigung zur geldpolitischen Drosselung zu rechnen sei.

Angesichts einer ebenso starken Wirtschaft, aber einer geringeren absoluten Inflation (selbst wenn leicht steigend), bekräftigte die Bank of Japan erneut ihren Entschluss, die ultra-expansive Geldpolitik beizubehalten. Die Bank of Canada hat indes ihre überraschende Zinsanhebung im Juli wiederholt. Damit liegt ihr Leitzins nun wieder auf dem Niveau vor dem Einbruch der Ölpreise. Die BoC wird nicht durch eine niedrige Inflation behindert und ist der Ansicht, dass das derzeit starke BIP-Wachstum eine Normalisierung der Geldpolitik rechtfertigt.

 

Schwellenländer

Die meisten Schwellenländer profitieren weiterhin von einer Kombination aus positiver Binnendynamik und starker externer Nachfrage, die durch den Konsum der Industrieländer angeheizt wird. Selbst in Volkswirtschaften, die in jüngster Zeit mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, kommt das Wachstums allmählich wieder in Gang – etwa in Brasilien, in der Türkei und in Indien, wo die Wirkung der Demonetisierungsreform langsam nachlässt. Unter den größeren Schwellenländern wird lediglich Südafrika weiterhin von politischer Unsicherheit geprägt, die sich nachteilig auf die Wirtschaft auswirkt.

_Adrien Pichoud

Trotz der Euro-Stärke verzeichnet Europa weiterhin eine starke Wachstumsdynamik
Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes
Quelle
Factset, Markit, SYZ Asset Management. Stand der Daten: August 2017

Anlagestrategie-Gruppe: Fazit

Risiko und Duration

Keine Veränderung. Wir belassen unsere Risikoeinschätzung bei einer leichten Präferenz und die Durationspositionierung bei einer Abneigung.

„Der USD ist deutlich überverkauft, die Fed deutet weitere Zinsanhebungen an, und bei der US-Steuerreform scheint es einige Fortschritte gegeben zu haben. All dies signalisiert Potenzial für eine mittelfristige Trendwende beim US-Dollar, was für Aufwärtspotenzial bei europäischen und japanischen Aktien sorgt.“
Hartwig Kos

Aktienmärkte

In diesem Monat lautet das Motto: „Alle auf die Nachzügler!“. Nach einer Hochstufung von Japan sind Europa und Japan derzeit unsere bevorzugten Aktienmärkte. In Europa haben wir Spanien aufgrund der Unsicherheit im Zusammenhang mit dem katalanischen Referendum vorübergehend auf eine leichte Präferenz herabgestuft. Großbritannien, Australien und lateinamerikanische Schwellenländer wurden ebenfalls von einer leichten Präferenz auf eine leichte Abneigung herabgestuft. Die allgemeine Risikobereitschaft deutet auf eine leichte Anlageüberzeugung in Bezug auf die Aktienmärkte im Allgemeinen hin, doch diese starke Barbell-Positionierung in der Länderallokation zeugt von einer starken Überzeugung von unserer Allokation innerhalb des Aktienuniversums. Woher kommt diese Überzeugung?

Wir mögen Europa und Japan. Der erste und offensichtlichste Grund dafür ist die Einschätzung des US-Dollar. Seit Anfang 2017 wertete der breite US-Dollar-Index (DXY) um mehr als 10% ab. Durch diese Entwicklung geriet der reale effektive Wechselkurs des USD in den Zeitwertbereich. Diese deutliche Schwäche führte dazu, dass Segmente wie Schwellenländeraktien, die in der Regel von einer Dollarschwäche profitieren, sich im Jahresverlauf sehr stark entwickelten. Regionen, die traditionell von einem starken USD profitieren, wie Japan oder Europa, blieben hinter dem breiteren Aktienuniversum zurück. Derzeit ist der USD aber deutlich überverkauft, die Fed deutet weitere Zinsanhebungen an, und bei der US-Steuerreform scheint es einige Fortschritte gegeben zu haben. All dies signalisiert Potenzial für eine mittelfristige Trendwende beim Dollar, was für Aufwärtspotenzial bei europäischen und japanischen Aktien sorgt.

Unterstützt wird dies auch durch die Tatsache, dass politische Unsicherheit – zumindest in Europa – kein Faktor ist, der die Marktstimmung ins Wanken bringen könnte.

Europa und Japan sind im Vergleich zu US-Aktien weiterhin günstig. In unserer Bewertung der Aktienrisikoaufschläge zeichnete sich diese relative Präferenz schon seit einigen Monaten ab. Wie jedoch bereits in einer früheren Ausgabe dieser Publikation beschrieben, kommt diese relativ günstige Bewertung auch in vielen allgemein genutzten Bewertungskennzahlen zum Ausdruck. So werden europäische und japanische Aktien derzeit mit KGVs von 14,7 bzw. 13,7 in den kommenden zwölf Monaten gehandelt. Im Vergleich zum US-Markt, der mit 17,9 bewertet wird, schneiden sie damit günstig ab. Die Differenz zwischen den vorlaufenden KGVs der USA und Europas liegt nun auf dem niedrigsten Niveau seit Ende 2012, bei Japan und dem US-Aktienmarkt sogar nahe am historischen Tiefstwert. Andere Kennzahlen wie EV/EBITDA signalisieren ebenfalls eine ausgeprägte Bewertungsdifferenz zwischen den USA einerseits sowie Europa und Japan andererseits.

Daneben ist die wirtschaftliche Realität in keinem der beiden Aktienmärkte richtig widergespiegelt. Beide hinken trotz eines gesamtwirtschaftlichen Umfeldes hinterher, das sogar noch günstiger aussieht als in den USA. In Europa sind die Konjunkturindikatoren ebenso stark wie im letzten Jahrzehnt. Trotz der Aussichten auf eine Drosselung der Geldpolitik durch die EZB bleiben die Finanzbedingungen weiterhin äußerst akkommodierend. Auch in Japan zeigt sich das Wirtschaftsumfeld positiv, wenngleich etwas verhaltener. Dennoch ist das allgemeine Wirtschaftsumfeld für beide dieser Märkte eindeutig positiv.

„Die Differenz zwischen den vorlaufenden KGVs der USA und Europas liegt nun auf dem niedrigsten Niveau seit Ende 2012, bei Japan und dem US-Aktienmarkt sogar nahe am historischen Tiefstwert.“
Hartwig Kos

Anleihenmärkte

Die Anleihenmärkte sind, wie schon seit einer Weile, noch teuer. In den vergangenen Monaten verloren jedoch selbst die Segmente des Anleihenmarktes, die noch attraktiv schienen, insbesondere die Schwellenländer, an Glanz. Sie zählen noch immer zu unseren bevorzugten Titeln in den verschiedenen festverzinslichen Segmenten. Der schwache US-Dollar und der Rückgang der globalen Anleihenrenditen im Jahresverlauf führten jedoch dazu, dass einige der Bewertungen in diesem Segment sich deutlich verschlechterten. Infolgedessen wurden die verschiedenen Märkte innerhalb des Schwellenländeruniversums weiter herabgestuft. Mexikanische Hartwährungsanleihen wurden von einer leichten Präferenz auf eine leichte Abneigung herabgestuft. Trotz der deutlichen Änderung der intrinsischen Attraktivität von Schwellenländeranleihen beruht unser Beschluss, an der Gesamtbewertung festzuhalten, auf dem relativen Wert. Schwellenländeranleihen schneiden weitaus weniger schlecht ab als andere festverzinsliche Segmente.

 

Devisen, alternative Anlagen und Cash

Keine Veränderung.

_Hartwig Kos