Asset Allocation Insights

Saisonaler Rückenwind

Donnerstag, 11/11/2021

Wir halten an unserem positiven Ausblick zu Risikoanlagen und insbesondere Aktien fest. Wir sind weiter der Auffassung, dass kurzfristig das starke Gewinnwachstum die bevorstehende allmähliche Normalisierung der Fiskal- und Geldpolitik mehr als ausgleichen wird.

  • Obwohl die Geldpolitik unsicherer wird und sich einige unserer technischen Indikatoren in der letzten Zeit verschlechtert haben, sind Aktien angesichts der soliden Wachstumsaussichten, der negativen Realrenditen für Anleihen, der positiven Ertragsdynamik und der günstigen saisonalen Effekte nach wie vor die attraktivste Anlageklasse.
  • Aus taktischer Sicht stufen wir japanische Aktien von positiv auf bevorzugt und britische Aktien von vorsichtig auf positiv hoch. Beide Märkte weisen attraktive Bewertungen auf, profitieren von einer positiven Makrodynamik und sind von Natur aus prozyklisch.
  • Angesichts des anhaltenden Inflationsdrucks und der Normalisierung der Geldpolitik sehen wir bei den langfristigen Zinssätzen Risiken für den Anstieg und bleiben bei Staatsanleihen und Spreads vorsichtig.
  • Wir bleiben bei Rohstoffen abwartend und halten an unserer (kurzfristigen) optimistischen Einschätzung in Bezug auf den Dollar fest. Eine Zusammenfassung unserer taktischen Assetallokation findet sich in der Matrix am Ende des Artikels.
Donnerstag 11/11/2021 - 08:41
Charles-Henry Monchau Chief Investment officer
Adrien Pichoud Chief Economist & Senior Portfolio Manager
Luc Filip Head of Discretionary Portfolio Management

Übersicht über die Indikatoren

Indikator 1

MAKROÖKONOMISCHER ZYKLUS: Positiv (unverändert)

Das globale Wachstum steht weiterhin fest im Plus, auch wenn der „Covid-Erholungseffekt“ allmählich nachlässt. Die Expansion im verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor stützt sich auf eine breite Basis, auch wenn die Dynamik im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 schwächer ausfällt. Positiv war in den letzten Wochen die Entwicklung, dass konjunkturelle Überraschungen keine Verschlechterungen mehr bringen, sondern in den USA und im Vereinigten Königreich sogar positiv ausfallen (siehe folgende Grafik). Anlass zur Sorge gibt dagegen, dass sich das Wachstum in China 2021 aufgrund der Normalisierung der Kreditbedingungen und der Angebotsengpässe verlangsamt hat. Kurzfristig sehen wir bei der chinesischen Regierung keine Neigung dazu, Impulse für die Kreditvergabe zu geben. Die schwache Wachstumsdynamik dürfte daher auch in den kommenden Monaten – zumindest bis März 2022 – anhalten. Die unterdurchschnittlichen Wachstumsaussichten in China werden durch die starke Wachstumsdynamik in den USA etwas ausgeglichen. Nach einer „Schwächephase“ im 3. Quartal zieht das reale BIP-Wachstum wieder merklich an. Zwar liegen Preisinflation und Lohninflation so hoch wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr, wir glauben jedoch, dass die Lieferengpässe ihren Höhepunkt erreicht haben, sodass der Höhepunkt der Inflation ebenfalls bald überschritten sein dürfte. Denn wir sind nach wie vor der Ansicht, dass der Inflationsanstieg in den Industrieländern 2021 hauptsächlich auf vorübergehende Faktoren zurückzuführen ist. Auch wenn die Inflation mittelfristig hoch bleiben dürfte, gehen wir davon aus, dass sie sich im Laufe des Jahres 2022 schrittweise dem von den Zentralbanken angestrebten Zielwerten annähern wird.

 

Konjunkturelle Überraschungen bringen keine Verschlechterungen mehr und könnten in den USA bis zum Jahresende sogar positiv ausfallen
Konjunkturelle Überraschungen bringen keine Verschlechterungen mehr und könnten in den USA bis zum Jahresende sogar positiv ausfallen
Quelle
Banque Syz, FactSet

Indikator 2

LIQUIDITÄT:Neutral (unverändert)

Als wichtige Triebfedern für die derzeitige weltweite wirtschaftliche Erholung wurden monetäre und fiskalische Impulse ausgemacht. Mit Blick auf die Geldpolitik stellen wir fest, dass die Bilanzen der G3-Zentralbanken weiter expandieren, allerdings deutlich langsamer als noch vor 12 Monaten. In vielen Volkswirtschaften haben die Gespräche über eine Normalisierung der Geldpolitik, den Ausstieg aus den Anleihekaufprogrammen (Tapering) und Zinserhöhungen begonnen. Wir beobachten jedoch, dass sich die Zentralbanken bei den Zinssätzen in unterschiedliche Richtungen bewegen. In vielen Ländern steigen die Verbraucherpreise erheblich. Die Zentralbanken hätten die Möglichkeit, dieser Entwicklung mit geldpolitischen Strategien entgegenzuwirken, indem sie die Zinssätze anheben und damit den Zugang zu Krediten einschränken und Wachstum der Wertschöpfung zu verlangsamen. Der Zinserhöhungszyklus hat in den Schwellenländern bereits begonnen, und einige Zentralbanken der Industrieländer sind bereits versucht, ihm zu folgen. Aber nicht alle Zentralbanken sind der Meinung, dass schon Gegenmaßnahmen notwendig sind. Angesichts des hohen Verschuldungsgrads des Systems (Volkswirtschaften und Märkte) ist unserer Meinung nach Vorsicht geboten, da höhere Realzinsen die wirtschaftliche Erholung gefährden würden. Der Umstand, dass die Inflationsdaten in den Industrieländern möglicherweise positiv überraschen (siehe Grafik unten), könnte den Zentralbanken der G3-Länder eine gewisse Atempause verschaffen. Während China seinen derzeitigen restriktiven geldpolitischen Kurs vorerst beibehält, profitieren die meisten großen Volkswirtschaften noch immer von extrem lockeren Bedingungen. Auf der fiskalischen Seite wirkt sich die Finanzpolitik vor allem in den Industrieländern negativ auf das BIP aus. Die USA zum Beispiel stehen 2022 vor einer Fiskalklippe.

Der Höhepunkt der positiven Überraschungen bei den Inflationsdaten könnte erreicht sein
Der Höhepunkt der positiven Überraschungen bei den Inflationsdaten könnte erreicht sein
Quelle
Banque Syz, FactSet

Indikator 3

GEWINNWACHSTUM: Positiv (unverändert)

Die Ertragsentwicklung war im dritten Quartal recht stark, aufgrund des ungünstigeren Vergleichseffekts allerdings weniger beeindruckend als im zweiten Quartal. In den USA übertrafen mehr als 80% der Unternehmen die Schätzungen, aber der Markt zeigte sich etwas herablassend – Unternehmen, die Schätzungen übertrafen, verzeichneten bescheidene Renditen, während diejenigen, die sie verfehlten, stärker abgestraft wurden als in den vorangegangenen Quartalen. Für die Zukunft erwarten wir eine Normalisierung des Gewinnwachstums mit einer weiterhin positiven Dynamik, die für Aufwind an den Aktienmärkten sorgen wird.

Indikator 4

BEWERTUNGEN: Neutral (unverändert)

Absolut betrachtet haben die Bewertungen (KGV) von US-Aktien in den letzten Wochen etwas an Attraktivität verloren. In relativer Hinsicht (im Vergleich zu Anleihen) haben wir keine große Verbesserung festgestellt, da die Renditen von Staatsanleihen gestiegen sind. Die Bewertungen von Aktien bleiben jedoch gegenüber Anleihen attraktiv. Ein ähnliches Bild ergibt sich in Europa, Großbritannien und Japan.  

Bewertung vs.15-Jahres-Median

Bewertung vs.15-Jahres-Median
Quelle
Schroders

Indikator 5

MARKTTECHNIK:Neutral (unverändert)

Die technischen Indikatoren sind nach der starken Rally in diesem Jahr überzogen. Wir beobachten, dass die Hochfrequenzsignale (Volumen und technische Indikatoren wie RSI und MACD) stark überkauft sind, und plädieren daher für eine Pause im Bullenmarkt. Sowohl Trend- als auch Marktbreiteindikatoren bleiben jedoch positiv und signalisieren damit eine Fortsetzung des Anstiegs beim S&P 500. Die Stimmungsindikatoren zeigen ein gemischtes Bild. Das Put/Call-Verhältnis ist jedoch der einzige Indikator, der Anzeichen eines „irrationalen Überschwangs“ erkennen lässt. VIX und Bullen/Bären-Verhältnis deuten derzeit nicht auf eine extreme Sättigung hin. Auf aggregierter Basis sind unsere technischen Indikatoren also neutral.

Präferenzen Hinsichtlich Assetklassen

AKTIENALLOKATION Positiv

Für den kommenden Monat halten wir an unserer Präferenz für Aktien fest. Im aktuellen Umfeld mit positivem Wirtschaftswachstum und niedrigen Zinsen bleiben Aktien eindeutig die attraktivste Assetklasse. Dennoch nimmt das Risiko für Korrekturen zu, denn die Zentralbanken geben ihre Mäßigung allmählich auf, und Risiken für eine Verschlechterung von Wachstumsaussichten und Gewinnerwartungen sind signifikant gestiegen. Wir glauben, dass unser agiler Prozess zur taktischen Assetallokation uns dabei helfen wird, uns in einem volatileres und unsichereren Marktumfeld zu behaupten.


Was die Sektoren betrifft, bevorzugen wir weiterhin langfristige Wachstumswerte. Kurzfristig lässt sich angesichts der erneut starken Beschleunigung des BIP-Wachstums in den USA eine gewisse taktische Allokation in zyklische Themen (wie z.B. Energie und Finanzen) rechtfertigen. Im Hinblick auf Regionen bevorzugen wir weiterhin Aktien aus der Eurozone (starkes Gewinnwachstum und Bewertungen in einer Linie mit dem historischen Durchschnitt) und Aktien aus den USA (hohe Bewertungen, aber überdurchschnittliche Eigenkapitalrendite). Japan stufen wir aus folgenden Gründen von „Positiv“ auf „Bevorzugt“ hoch: 1) aufgrund des starken operativen Leverage (hohe Wachstumsempfindlichkeit) 2) des schwächer werdender Yen 3) der Verbesserung des makroökonomischen Wachstums und 4) der neuen politischen Führung. Außerdem stufen wir britische Aktien aufgrund der positiven makroökonomischen Überraschungen und der überzeugenden Bewertungen von „Vorsichtig“ auf „Positiv“ hoch. Chinesische Aktien stufen wir dagegen von „Positiv“ auf „Vorsichtig“ herab, da wir glauben, dass die Verlangsamung des Wachstums und das Durchgreifen der Regulierungsbehörden die Stimmung weiterhin belasten werden.  

Anleihenallokation: Weiterhin vorsichtig bei Duration, Renditekurve und Spreads

Bei Staatsanleihen behalten wir aufgrund des (zumindest kurzfristig) steigenden Inflationsdrucks und der Normalisierung der Geldpolitik unsere vorsichtige Haltung bei. Wir beobachten jedoch, dass das kurze Ende der Kurve nach den jüngsten bärischen Entwicklungen in den USA und der Euro-Kernzone attraktiver wird. Was die einzelnen Regionen betrifft, bevorzugen wir aufgrund des geringeren Wachstums in der Eurozone, der stärkeren Unterstützung durch die EZB und der ungünstigen technischen Indikatoren in den USA (auch wenn diese sich seit Kurzem erholen) weiterhin die Kurve der Euro-Kernzone gegenüber der USD-Kurve. 
Aufgrund der Bewertung (sehr enge Spreads) bleiben wir für das gesamte Kreditspektrum vorsichtig. Einen Ausverkauf bei US-Hochzinsanleihen würden wir als Kaufgelegenheit betrachten. Nachrangigen Anleihen gegenüber bleiben wir positiv eingestellt. Das Segment scheint etabliert und widerstandsfähig zu sein und bietet weiterhin einige Prämien, während das aktuelle Umfeld die Banken noch günstig ist. Hinsichtlich Anleihen aus Schwellenländern bleiben wir zuversichtlich gestimmt, da der Ausverkauf attraktivere Bewertungen bietet. Wir sind nach wie vor von asiatischen Hochzinsanleihen überzeugt, da sich während des derzeitigen Ausverkaufs zahlreiche Chancen bieten.

ROHSTOFFE Immer noch vorsichtig und mit Engagement in Gold

Wir bleiben vorsichtig in Bezug auf Rohstoffe. Die Assetklasse hat zwar ihr bestes Jahr seit dem Ölcrash im Jahr 1973 hinter sich, wir glauben jedoch, dass die jüngste Hausse überkauft ist und etwas von Panik statt von reinen Fundamentaldaten getrieben wird. 
Wir sehen langsam, dass einige Rohstoffsegmente (z. B. Industriesegmente) durch die geringeren Wachstumsaussichten in China beeinträchtigt werden. Wir sind in Gold investiert. Der Aufwärtstrend des Edelmetalls hängt immer noch davon ab, wie weit die realen US-Kurse noch sinken können. Ermutigend war allerdings, dass in letzter Zeit endlich eine gewisse Festigung zu beobachten war, da Anleger in ihren Multi-Asset-Portfolios nach Diversifizierungsoptionen suchen.

FOREX: Bullischer Dollar

Die realen Zinssätze und die makroökonomische Dynamik belasten die EUR/USD-Dynamik weiterhin. Die fundamentalen Faktoren sprechen mittelfristig weiterhin für einen festen CHF, der USD profitiert jedoch vom aktuellen Umfeld. Das britische Stagflationsrisiko belastet die kurzfristigen Aussichten des GBP.

Taktische positionierung: unsere assetallokation-matrix

Taktische positionierung: unsere assetallokation-matrix
Taktische positionierung: unsere assetallokation-matrix