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Nach wie vor überzeugende Argumente für Anlagen in nachrangigen Anleihen

Freitag, 07/14/2017

Nachrangige europäische Anleihen gehören 2017 zu den Anlagen mit der besten Performance im Anleihensegment. Unserer Ansicht nach ist die von ihnen bisher verzeichnete starke Entwicklung noch längst nicht vorüber und die Anleger können in den Genuss von weiteren Gewinnen kommen. Die relativen Spreads, die Performance-Trends und die Bewertungen sind allesamt nicht die einzigen Hinweise auf zukünftig bessere relative Renditen, denn unsere positive Meinung in Bezug auf diese Unteranlageklasse wird auch durch erheblichen Rückenwind in dreierlei Hinsicht unterstützt: positive economic momentum, decreasing political Risiko- and improving issuer fundamentals.das positive konjunkturelle Momentum, das abnehmende politische Risiko und die besser werdenden Fundamentaldaten der Emittenten. Ein letzter Punkt: Die Streuung bei Anleihen und Emittenten ist nach wie vor groß. Aktiven Managern stehen somit Möglichkeiten für einen flexiblen und selektiven Ansatz zur Verfügung, mit denen sie Fehlbewertungen ausnutzen und für die Anleger Alpha generieren können.

Freitag 14/07/2017 - 14:20
Antonio Ruggeri European Credit Expert
„Streuung in Bezug auf die Emittentenqualität bietet aktiven und hinsichtlich der Fundamentaldaten diszipliniert vorgehenden Managern zahlreiche Möglichkeiten, um fehlbewertete Papiere ausfindig zu machen und ein Portfolio mit Positionen aufzubauen, in welchem die Renditen maximiert werden und das tatsächliche – nicht das wahrgenommene oder im Marktpreis implizite – Risiko optimiert wird.“

Nachrangige europäische Anleihen haben sich 2017 als eine der Anlagen mit der besten Performance im Anleihensegment erwiesen. Unserer Ansicht nach ist die von ihnen bisher verzeichnete starke Entwicklung – unterstützt durch starke Daten – noch längst nicht vorüber und die Anleger können in den Genuss von weiteren Gewinnen kommen. Sowohl auf Grundlage der absoluten Bewertung als auch relativ zu anderen Anlagen im Anleihensegment gibt es überzeugende Gründe für die Erwartung, dass nachrangige Schuldtitel ihre im 1. Halbjahr 2017 erzielte attraktive Performance auch in Zukunft fortsetzen werden.

Da ist zunächst das Argument der relativen Performance zu betrachten. Aus einer Analyse der Gesamtrenditen für eine Reihe von Anleihen-Indizes und deren Kursbewegungen seit Dezember 2015 (und somit einschließlich des Markteinbruchs vom Januar-Februar 2016) ist ersichtlich, dass die Indizes für nachrangige Anleihen trotz der kürzlichen Outperformance gerade so auf europäische High Yield-Bonds aufgeschlossen haben, aber noch weit hinter US-High Yield-Bonds zurückliegen.

Unterstützende Bewertungen bieten relativen Vorteil

Von den Bewertungen kommt nach wie vor ebenso Unterstützung, auch wenn man in Betracht zieht, dass sie angespannter als noch vor 12 Monaten sind, da die historischen Aufschläge und relativen Spreads nach wie vor über den langfristigen Durchschnittswerten liegen. Nachrangige Investment-Grade-Anleihen (ohne bedingte Pflichtwandelanleihen) bieten noch immer 120 Basispunkte mehr als vorrangige Investment-Grade-Finanztitel, d. h. mehr als das Doppelte der Spreads von vorrangigen Titeln (230 vs. 110 Basispunkte). Zum Vergleich: Vor der Krise war es das Anderthalbfache (Diagramm 1). Hinzu kommt, dass sie so viel wie Hochzinspapiere abwerfen, aber mit viel besseren Bonitätsprofilen und Ratings der Emittenten verbunden sind. Hier liegt die größte Chance – nachrangige Anleihen werden als risikoreicher wahrgenommen, als sie es tatsächlich sind, und Anleger mit einem Verständnis derselben können in den Genuss von stattlichen Vorteilen kommen.

Doch die Spreads, die relative Performance und die Bewertungen sind nicht die einzigen Hinweise auf zukünftig bessere relative Renditen, denn unsere positive Einstellung in Bezug auf diese Unteranlageklasse wird vor allem durch erheblichen Rückenwind in dreierlei Hinsicht unterstützt: das positive konjunkturelle Momentum, das abnehmende politische Risiko und die besser werdenden Fundamentaldaten.

Rendite nachrangiger Finanztitel viel höher als vor 2008
Rendite nachrangiger Finanztitel viel höher als vor 2008
Quelle
SYZ Asset Management, BofA Merrill Lynch, Bloomberg. Daten per 31.05.2017

Wirtschaftliche Wiederbelebung in Europa bestimmend für Geschäftsklima

Aus Top-down-Sicht erlebt Europa derzeit einen positiven und in Fahrt kommenden Konjukturzyklus bei einem nach wie vor gedämpftem Inflationsmomentum. Unterstützt wird dieser Trend durch eine Geldpolitik, die wahrscheinlich äußerst entgegenkommend bleiben wird, bis sich ein stabiler und beständiger Druck auf die Verbraucherpreise aufgebaut hat. Dieses moderate, aber positive Wachstumsszenario kommt auch in den fundamentalen Bonitätskennzahlen zum Ausdruck. Seit der zweiten Hälfte des letzten Jahres sind hier die Emittenten-Margen auf Unternehmensebene gestiegen und der Fremdkapitalanteil hat abgenommen.

Nicht zu vergessen ist schließlich noch, dass das politische Risiko und die damit verbundenen Risikoaufschläge angesichts der Tatsache, dass die Wahlen in den Niederlanden, in Frankreich und kürzlich im Vereinigten Königreich die Woge der populistischen und europafeindlichen Bewegungen zurückgedrängt haben, ebenfalls abnehmen. Alle diese Makrofaktoren tragen zur Verbesserung des Geschäftsklimas in Bezug auf risikoreichere Vermögenswerte bei: Nachrangige Anleihen sind da unserer Ansicht nach keine Ausnahme und werden es auch weiterhin nicht sein.

Üppiger Anstieg beim Bankenkapital ist positiver Faktor

Aus Bottom-up-Sicht setzen sich die positiven Trends bei den Fundamentaldaten der Banken fort: Die Kapitalausstattung nimmt zu, das Solvenzrisiko hingegen nimmt ab. Seit Jahresbeginn haben drei europäische Großbanken Kapitalerhöhungen gestartet: Unicredit beschaffte sich EUR 13 Milliarden, gefolgt von der Deutschen Bank und Credit Suisse mit Zeichnungsangeboten von EUR 8 Milliarden beziehungsweise EUR 4 Milliarden; und erst kürzlich stieß auch Santander mit einem Zeichnungsangebot von EUR 7 Milliarden für die Bewältigung ihrer jüngsten Übernahme von Banco Popular zu diesem Kreis hinzu. Insgesamt EUR 32 Milliarden wurden problemlos von den Aktienmärkten aufgenommen und haben sich im Zuge der Abstützung der Kapitalpositionen durch die Banken positiv auf die nachrangigen Papiere der Emittenten ausgewirkt.

Auf der Risikoseite nehmen die Kennzahlen RWA (risikogewichtete Vermögenswerte) und NPLs (notleidende Kredite) insgesamt stetig ab, wobei die letztgenannte Kennzahl in einem Zeitraum von zwei Jahren um mehr als 20% gefallen ist. Es lässt sich also argumentieren, dass auf systemischer Ebene der eingebettete Risikoreichtum nachrangiger Papiere abnimmt. Dieses Thema ist zudem interessant, weil die strukturelle Rekapitalisierung des europäischen Finanzsystems noch andauert: Mehrere Finanzinstitute müssen weitere Kapitalanforderungen erfüllen und sind in vielen Fällen durch die Aufsichtsbehörden dazu verpflichtet.

Kennzahlen für notleidende Kredite nehmen stetig ab
Kennzahlen für notleidende Kredite nehmen stetig ab
Quelle
SYZ Asset Management, Europäische Bankenaufsichtsbehörde. Daten per 31.12.2016

Selektive Chanchen bei unterschiedlicher Qualität der Anlagen

Der verbesserte Konjunkturausblick und Verbesserungen der Bilanzen von Staaten und Unternehmen hat die Kurse von Vermögenswerten zwar steigen lassen. Die Unterschiede bei der Qualität der Emittenten sind aber nach wie vor erheblich.

Auf staatlicher Ebene stehen Länder wie Italien und Portugal aufgrund von Altlasten im Zusammenhang mit notleidenden Schuldtiteln oder schlicht und einfach sehr hohen Beständen an Schuldtiteln nach wie vor unter Druck. Spanien und Irland hingegen haben hart an der Reduzierung des Anteils der Schulden am BIP sowie an der Ankurbelung des Binnenwachstums zur Verbesserung der Leistungsbilanz gearbeitet.

Auf Unternehmensebene ist die Qualität der Emittenten ebenfalls zweigeteilt. In Europa können Anleger nun dank Initiativen zur Verbesserung der Transparenz und der Durchführung von Stresstests mit Veröffentlichung der Ergebnisse besser zwischen den Emittenten und den Instrumenten unterscheiden. Heute besteht die Schwierigkeit nicht notwendigerweise im Zugriff auf Daten, sondern darin, die Daten zu nutzen und die von den Anlegern im Gegenzug für die erhältlichen Renditen eingegangenen Risiken zu verstehen.

In beiden Fällen bietet diese Streuung in Bezug auf die Emittentenqualität aktiven und hinsichtlich der Fundamentaldaten diszipliniert vorgehenden Managern zahlreiche Möglichkeiten, um fehlbewertete Papiere ausfindig zu machen und ein Portfolio mit Positionen aufzubauen, in welchem die Renditen maximiert werden und das tatsächliche – nicht das wahrgenommene oder im Marktpreis implizite – Risiko optimiert wird.

Bedingte Pflichtwandelanleihen (CoCos): freundliches Umfeld für beschleunigte Emissionen

Dies trifft auf bedingte Pflichtwandelanleihen (Contingent Convertibles; kurz: CoCos) zu, wo die Performance in diesem Jahr am besten war. Nach dem enthusiastischen „Start“ 2013-2014 hatten sie unter dem geringem Maß an Transparenz gelitten, besonders im Zusammenhang mit der Einstellung der Aufsichtsbehörden zu Kuponzahlungen für Banken mit geringerer Kapitalausstattung. Und ein letzter Punkt: Nach dem letzten Sommer änderten die EZB und andere Zentralbanken die Art und Weise, wie sie den Kapitalbedarf definieren. Sie trafen eine Unterscheidung zwischen Anforderungen und Leitlinien und senkten die Ersteren, welche das Maß für die Nicht-Überlebensfähigkeit bei Banken vorschrieben, bei dessen Unterschreiten eine Kuponstreichung auferlegt werden kann.

Die Kombination aus Änderungen der Vorschriften und einem Umfeld der Risikobereitschaft war Auslöser für einen kraftvollen Start von CoCos im Jahr 2017, der durch die EU-freundlichen Wahlergebnisse weiter verstärkt wurde. Dies wiederum wird wahrscheinlich auch den Primärmarkt wieder mit Leben erfüllen. In der Tat hatten im Dezember 2016 nur 18% der Banken bereits den Mindestwert von 1,5% beim vorgeschriebenen Kapital AT1 erreicht, während 75% von ihnen noch unter 1% lagen.

Der Gesamtmarkt für CoCos westeuropäischer Banken hat circa EUR 140 Milliarden erreicht, doch die Anforderung von 1,5%, zumindest für große Institute, lässt Platz für weitere EUR 30 Milliarden an neuen Emissionen. Wir erwarten, dass die Emissionen dank des gegenwärtig freundlichen Umfelds bis zum Jahresende zunehmen werden, was Neueinsteigern in dieser Anlageklasse attraktivere Chancen bietet.

 

Primärmarkt für bedingte Pflichtwandelanleihen (CoCos) wächst weiter
Primärmarkt für bedingte Pflichtwandelanleihen (CoCos) wächst weiter
Quelle
SYZ Asset Management, Bloomberg Daten per 31.03.2017

Fazit: „mehr Gewinne in Aussicht ...“

Trotz der zuletzt starken Performance gibt es nach wie vor überzeugende Argumente für Anlagen im Segment der nachrangigen europäischen Anleihen, untermauert durch besser werdende Fundamentaldaten und zunehmenden Rückenwind durch Makrofaktoren. Um das Potenzial dieser komplexen Anlageklasse freizusetzen, müssen Anleger jedoch einen flexiblen und selektiven Ansatz verfolgen.