Focus

Catch me if you can

Freitag, 03/15/2019

In dieser Focus-Ausgabe nehmen wir die fundamentalen, technischen und Bewertungsmerkmale globaler Unternehmensanleihen und ihre potenziellen Renditen für 2019 unter die Lupe und erläutern Ihnen unsere Präferenz für europäische Hochzinsanleihen und nachrangige Anleihen.

Freitag 15/03/2019 - 09:00
Michalis Ditsas Investment Specialist
„Die globalen Kreditmärkte begannen das Jahr verheissungsvoll, da die Anleger auf die zunehmend moderate Haltung der Zentralbanken und die verbesserten Bewertungen bei einer Anlageklasse, die sich immer noch durch gute Fundamentaldaten auszeichnet, positiv reagierten.“

Genau wie in dem biografischen Film „Catch Me If You Can“, in dem der flüchtige Protagonist seiner Festnahme entgeht, indem er immer wieder in neue Rollen schlüpft, verändern sich die US-amerikanischen und europäischen Kreditmärkte laufend und bieten neue Chancen.

Die Kreditmärkte erholten sich von ihrem Abverkauf im Dezember, da die Befürchtungen hinsichtlich einer Verlangsamung des globalen Wachstums nachliessen und vor allem da die Erwartungen steigender Zinssätze in den USA und Europa deutlich zurückgingen. Dennoch haben Anleger, die sich wegen des Fremdkapitalanteils, der Verwendung der Erlöse, der Anzahl der Ausfälle und den Renditeerwartungen für 2019 Sorgen machen, nach wie vor Bedenken über die Verfassung der Kreditmärkte. Lassen Sie uns all dies genauer betrachten und die aktuellen Chancen bei Unternehmensanleihen beurteilen:

Der Fremdkapitalanteil von High-Yield-Bonds aus den USA ist für die Fundamentaldaten der Anlageklasse positiv, da er neun Quartale in Folge zurückgegangen ist und sich derzeit auf dem tiefsten Stand seit der Krise befindet. Genauer gesagt ging der Fremdkapitalanteil von 4,04x im zweiten Quartal 2018 auf 3,86x im dritten Quartal 2018 zurück, während er nach der Krise im zweiten Quartal 2016 noch bei einem Höchststand von 4,57x lag.

Der Fremdkapitalanteil ist deutlich zurückgegangen
Quelle
Asset Management, JP Morgan. Stand der Daten: 20. Dez. 2018

Bei europäischen Hochzinsanleihen stieg der Fremdkapitalanteil gegenüber dem 1. Halbjahr 2018 um 0,5x auf 4,2x an, liegt jedoch immer noch unter dem auf dem während der Finanzkrise erreichten Allzeithoch von 5,4x. Diese Situation lässt sich jedoch grösstenteils durch Veränderungen der Marktzusammensetzung erklären. 2018 gab es mehr „aufsteigende Sterne“ (Unternehmen, die auf Investment Grade hochgestuft wurden) als „gefallene Engel“ (Unternehmen, die auf High Yield herabgestuft wurden) und das Volumen der aufsteigenden Sterne übertraf dasjenige der gefallenen Engel um rund 15 Mrd. Euro. Gleichzeitig gibt es derzeit Anleihen mit einem Volumen von rund 94 Mrd. Euro, die 34,5% des europäischen High-Yield-Marktes ausmachen und deren Rating nur eine Stufe unterhalb von Investment Grade liegt. Das bedeutet, dass Unternehmen mit einem geringen Fremdkapitalanteil den europäischen High-Yield-Markt verlassen.

Zusammensetzung des europäischen High-Yield-Marktes und Fremdkapitalanteil
Zusammensetzung
Quelle
Bloomberg. Stand der Daten: 1. Feb. 2019
Zusammensetzung
Quelle
JP Morgan, Bloomberg. Stand der Daten: 1. Feb. 2019

Die Ausfallquoten bleiben niedrig und dürften den Prognosen zufolge nicht wesentlich steigen. 2018 lag die Ausfallquote für auf Euro und Pfund Sterling lautende HY-Anleihen bei nur 1,0% und damit unter dem langfristigen Durchschnitt von ca. 1,5%. Bei US-Hochzinsanleihen liegt die nominalwert-gewichtete Ausfallquote bei 1,81% (1,08% ohne iHeart) gegenüber 1,28% Ende 2017. Im Vergleich zu ihrem langfristigen Durchschnitt von ca. 3,5% ist sie jedoch immer noch niedrig. Ganz wichtig ist, dass die Prognosen für 2019 mit 1-2% sowohl für Europa als auch für die USA verhalten bleiben.

Die Zinsdeckungsquoten verbessern sich und lassen darauf schliessen, dass die Unternehmen wenig Schwierigkeiten haben werden, ihrem Schuldendienst nachzukommen, da sie sich grösstenteils günstig refinanziert haben. In den USA stieg die Deckungsquote auf 4,9x (3Q18), der siebte vierteljährliche Anstieg in Folge, gegenüber einem Tiefstand von 4,0x im 4Q16. In Europa lag die Deckungsquote im selben Zeitraum bei knapp über 6x, einem Stand, der zuletzt 2005 erreicht wurde.

Aktienrückkäufe führten zu gewissen Turbulenzen, insbesondere in den USA, wo 2018 mit Ausgaben von ca. 750 Mrd. USD ein neuer Rekord erreicht wurde. Das von geringem Wachstum geprägte Umfeld und das schwache Konsumentenvertrauen, das wir seit einigen Jahren beobachten, haben zweifellos zu diesem Ergebnis beigetragen. Der Hauptgrund für die Aktienrückkäufe war jedoch die Rückführung von ausländischen Barbeständen, und sogar zu Beginn des Jahres 2018 gab es Pläne für Rückkäufe von über 800 Mrd. USD, die bis zum Jahresende vollständig umgesetzt wurden. Wichtig ist jedoch, dass die Refinanzierung die wichtigste Verwendung der Erlöse aus Anleihen bleibt und mit 61% an erster Stelle der Emissionstätigkeit steht, während auf die Finanzierung von Übernahmen 21% und auf die allgemeine Geschäftstätigkeit 15% entfallen.

Die Refinanzierung bleibt hoch
Refinanzierung
Quelle
JP Morgan. Stand der Daten: Dezember 2018

2019 zog die Nachfrage nach Hochzinsanleihen wieder an: Die Mittelzuflüsse beliefen sich bei US-Hochzinsanleihen auf 10,2 Mrd. USD (inkl. 4,9 Mrd. USD in ETF) und bei europäischen Hochzinsanleihen auf 1,4 Mrd. EUR (Stand 1. März 2019), worin die positive Marktstimmung vom Jahresbeginn zum Ausdruck kam. Günstige Marktbedingungen könnten dieses Jahr zu einem Anstieg des Neuangebots an Anleihen führen. Dadurch werden jedoch Anlagechancen für Anleger entstehen, woraufhin die Liquidität insgesamt steigen wird.

Bewertungen: Die Kreditmärkte hatten einen guten Jahresauftakt, da die Bewertungen deutlich besser ausfielen als zu Beginn des letzten Jahres. Seit Jahresbeginn verengten sich die Spreads, was zu beeindruckenden positiven Gesamtrenditen an allen Investment-Grade- und High-Yield-Märkten führte. Da sich der Carry positiv auf die Gesamtrenditen auswirkt und die Spreads deutlich über den Durchschnittswerten von 2018 bleiben, ist davon auszugehen, dass sich die Kreditmärkte 2019 positiv entwickeln werden. Da die Prognosen für die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen unverändert sind, wäre es nicht unangemessen, von einer Gesamtrendite über 10% für US-Hochzinsanleihen und über 7% für europäische Hochzinsanleihen und nachrangige Anleihen auszugehen.

Merkmale der Kreditmärkte
Merkmale der Kreditmärkte
Quelle
Bloomberg, BofA. Stand der Daten: 5. Mrz. 2019
*Ticker: USHY=HUC0, europäische HY=HE00, US-Investment Grade=C0A0, europäische Investment Grade=ER00, CoCo Index=C0C0
Historische Renditen von US- und europäischen HY-Anleihen
Graph
Quelle
Bloomberg. Stand der Daten: 5. Mrz. 2019

Fazit

Insgesamt profitierten Unternehmensanleihen Anfang 2019 deutlich von der moderaten Strategie der US-Notenbank und der EZB und dem schnellen Anstieg der Ölpreise und der Aktienkurse. Das Wirtschaftswachstum stellt nach wie vor eine Belastung dar, aber solange wir es nicht mit einer Rezession zu tun haben - wovon wir in unserem Basisszenario ausgehen - reichen die Probleme unserer Ansicht nach nicht aus, um die Fundamentaldaten wesentlich beeinträchtigen zu können. Wir schätzen Unternehmensanleihen weiterhin positiv ein, insbesondere europäische Hochzinsanleihen und nachrangige Anleihen aufgrund ihrer günstigen Marktzusammensetzung und ihrer Renditemerkmale. Die genaue Beobachtung der konstruktiven Merkmale der Anlageklasse wird es den Anlegern erleichtern, positive Renditen „einzufangen“.