#MeToo: Eine Fondsmanagerin berichtet aus ihrer männerdominierten Branche

Donnerstag, 03/08/2018

#MeToo, #TimesUp und #WomensMarch: Im letzten Jahr gab es die grössten Fortschritte in Richtung Geschlechtergleichstellung seit der Suffragettenbewegung. Fest entschlossen und voller Energie setzen Aktivistinnen das Thema weltweit ganz oben auf die Tagesordnung. Doch damit sich wirklich etwas ändert, braucht es noch viel mehr. Am 8. März ist internationaler Frauentag. Anlässlich dieses wichtigen Tages berichte aus meiner von Männern dominierten Branche: der Vermögensverwaltung.

Donnerstag 08/03/2018 - 09:35
Claire Shaw European Mid & Small Cap Equities Expert

Die männerdominierte Investmentbranche hat beim Thema Geschlechtergleichstellung noch einen langen Weg vor sich. Die jüngsten Zahlen aus Grossbritannien etwa sind gleichzeitig erstaunlich und deprimierend.* Nur einer von zehn Fonds wird von einer Fondsmanagerin verwaltet. Weltweit werden 7% der öffentlich vertriebenen Fonds, die 4% des Vermögens ausmachen, von einer Frau verwaltet*. Es ist ein Männerclub. Bis sich daran etwas ändert, wird es viele Jahre dauern.

Aufstieg der Alpha-Fondsmanagerin

Dennoch bin ich sehr zuversichtlich für die Zukunft der Branche. Denn im Laufe meiner Karriere wurden deutliche Fortschritte erzielt und immer mehr Frauen in Investmentteams aufgenommen. Die Branche erkennt zunehmend, welche entscheidenden Vorteile Vielfalt mit sich bringen kann. In den kommenden Jahren dürften mehr Frauen in Führungspositionen aufsteigen. In Europa arbeitete ich bereits für Vermögensverwalter, die explizit weibliche Fondsmanager und gemischte Teams fordern.

Frauen können klar die Anlageperformance steigern. Studien zeigen, dass Frauen bessere Ergebnisse erzielen als Männer, da sie ihre Anlagen breiter streuen und weniger riskante Positionen eingehen.** Frauen scheinen also Eigenschaften zu haben, die es ihnen ermöglichen, ein stabiles Alpha zu generieren, ohne übermässige Risiken einzugehen. Wenn die Asset-Management-Branche mehr Frauen in ihren Talent-Pool holt, werden wir möglicherweise den Aufstieg der Alpha-Fondsmanagerin sehen.

Ich hatte das Glück, Vorgesetzte zu haben, die mich unterstützten und mir die notwendige Flexibilität einräumten, um sowohl Mutter als auch Fondsmanagerin zu sein. Andere Frauen haben da leider weniger Glück.

Mehr Flexibilität bei der Arbeit schafft neuen Pool an weiblichen Talenten

Frauen, die sich für Familie und Karriere entscheiden, müssen in der Branche besser unterstützt werden – dies muss weit über die Unterstützung von Frauen mit kleinen Kindern in Form des Mutterschaftsurlaubs hinausgehen. Durch grössere Flexibilität wird der Anteil von Frauen im Fondsmanagement zunehmen. Die zusätzliche Vielfalt wird sich nachweislich positiv auf die Unternehmensleistung auswirkt. Ich bin überzeugt: Frauen können Mutter sein und gleichzeitig Karriere machen. Sie müssen sich nicht für eines von beidem entscheiden. Diese Botschaft möchte ich jungen Analystinnen mit auf den Weg geben.

Unternehmen müssen den Wandel der Elternrollen positiv begleiten und Vätern und Müttern mehr Flexibilität einräumen. Auch Mütter, die – oft nach langer Pause – wieder in den Beruf zurückkehren, was eine grosse Herausforderung darstellen kann, müssen unterstützt werden. Einige Unternehmen setzen sich bereits aktiv dafür ein, es ihren Mitarbeitenden zu ermöglichen, neben ihrer Karriere eine Familie zu gründen. Ausserdem wollen diese Firmen den Frauenanteil durch gezielte Rekrutierungsstrategien erhöhen.

Ich bin sehr optimistisch für die Zukunft meiner Tochter. Sie wird in einer Welt aufwachsen, in der mehr Chancengleichheit für Frauen besteht. Dies betrifft die geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede und den Anteil von Frauen in Führungspositionen und im Vorstand. Leider stossen Frauen in der Finanzbranche heute aber immer noch an Grenzen. Diese Grenzen müssen wir durchbrechen.

* Citywire Alpha Female research
** Hargreaves Lansdown