Focus

Flexibel im festverzinslichen Bereich

Freitag, 05/19/2017

Im aktuellen Umfeld, in dem höhere Zinsen erwartet werden, ist der erste Instinkt bei Anlegern, die Duration zu verkürzen, um die Auswirkungen auf ihre Portfolios zu minimieren. Wir denken anders: Längere Duration kann Wert schöpfen und bei der Verwaltung des Risikos in einem Portfolios helfen.

Die Meisten sind der Auffassung, dass eine kurze Duration zur Risikoeindämmung am besten ist. Durch eine kurze Duration kann allerdings eine unangemessene Risikokonzentration entstehen. Anleger wollen die Duration aber meiden, ohne negative Renditen bei kurzfristigen Staatsanleihen zu erleiden. Entsprechend, werden sie in kurzfristige High Yield-Bonds gedrängt und gehen grössere Kredit- und Liquiditätsrisiken ein, als sie normalerweise für vertretbar halten würden.

 

Freitag 19/05/2017 - 11:02
Adrien Pichoud Chief Economist & Senior Portfolio Manager
“Wir stehen im Gegensatz zu denjenigen, die eine Abwärtsentwicklung an den Märkten prognostizieren. Da sich die Japanisierung einnistet, rechnen wir damit, dass die Zinsen ziemlich niedrig bleiben, in etwa auf dem heutigen Stand.”
Adrien Pichoud Chief Economist & Senior Portfolio Manager
  • Viele Anleger machen sich Sorgen über steigende Zinssätze und bevorzugen deshalb kurzfristige Staatsanleihen, Kredittitel oder Hochzinsinstrumente in ihren festverzinslichen Portfolios.
  • In unseren Augen ist das nicht die beste Methode, das Risiko im Griff zu behalten, und kann zu einem übermäßigen Konzentrationsrisiko führen. Langfristige Staatsanleihen leisten einen wertvollen Beitrag zum Risikomanagement.
  • Im Umfeld des anhaltend niedrigen Wachstums und der noch niedrigeren Zinssätze sind die Opportunitätskosten von Barpositionen sehr hoch.

Langfristige Staatsanleihen sind immer noch attraktiv

Wir glauben, dass langfristige Staatsanleihen beim Risikomanagement von festverzinslichen Anlagen weiterhin nützlich sind. Das gilt insbesondere dann, wenn die Welt einen „Wachstumsunfall" wie 2008 erleidet. Wenn sich die Spreads plötzlich ausweiten und die Liquidität verschwindet, bieten langfristige Staatsanleihen einen Puffer.

Die meisten Anleger fürchten eher Verluste bei längerfristigen Beständen und halten Barmittel und eine kurze Duration für weniger riskant. Falls die Zinsen lange Zeit niedrig bleiben, verzichten sie so jedoch auf eine bedeutende Renditequelle.

 

Rendite und Gesamtrendite sind nicht dasselbe

Die Welt der Staatsanleihen leidet zu einem grossen Teil bereits unter einer ‚Japanisierung‘ - also einer langen Phase mit niedrigem Wachstum und noch niedrigeren Zinsen. In einem solchen Umfeld werden die Opportunitätskosten, die durch das Halten von Barmitteln verbunden sind, sehr hoch bleiben. Die Zentralbanken halten zur Ankurbelung des Wachstums nämlich an einer akkommodierenden Politik fest. Ihre Haltung wird langfristigen Anleihen förderlich sein. Die Erfahrungen in Japan belegen eindeutig, dass Anleger, die sich aufgrund von niedrigen langfristigen Renditen für Barmittel entscheiden, über längere Zeiträume schlecht wegkommen. In den 15 Jahren bis Ende 2016 belief sich die Rendite von JPY-Barmitteln im Schnitt auf 0,24% gegenüber 0,92% bei 7- bis 10-jährigen JGB - auf den ersten Blick ein relativ kleines Plus für den Besitz von langfristigen Anleihen. Aber bei den annualisierten Gesamtrenditen war der Unterschied deutlich höher - nämlich annualisierte 2,44% bei 7- bis 10-jährigen JGB gegenüber lediglich 0,34% bei Barmitteln.

 

Abwärtsbewegungen auf der Renditekurve nutzen

Cash-Anleger verzichten auf mehr Performance als sie meinen. Wer langfristige Anleihen hält, kumuliert den Carry-Effekt und kann die positive Steigung der Renditekurve nutzen, um Erträge über den Roll-down zu generieren. Anleger machen sich dennoch zu Recht Sorgen. Welchen Schlag werden sie einstecken müssen, falls die Zinsen tatsächlich steigen? Bei einem allmählichen Anstieg der Zinsen mag der Schlag eher harmlos sein. Ein rascher Anstieg kann effektiv aber beachtliche Auswirkungen zur Folge haben. Doch auch dann werden die potenziellen Schäden häufig überschätzt: Wir haben einmal die Anstiege von US-Treasury-Zinsen seit 1977 betrachtet und jede Erhöhung von langfrisitgen Zinsen daraufhin analysiert, welchen maximalen Verlust sie bewirkte und wie lang es dauerte, diese Verluste wettzumachen. Die Zeit bis zum Verlustausgleich hielt sich ziemlich in Grenzen.

Erstens trägt die Fähigkeit, Kupons zu höheren Zinsen wiederanlegen zu können, zum Ausgleich bei. Zweitens ist in jeder Zinserhöhung ein Pullback enthalten, insbesondere in Volkswirtschaften mit hoher Verschuldung. Tatsächlich werden steigende Zinsen durch höhere Wachstums- und Inflationserwartungen ausgelöst. Aber sobald die Zinsen tatsächlich gestiegen sind, haben sie negative Auswirkungen auf die Wachstums- und Inflationsaussichten, was die langfristigen Zinsen wieder sinken lässt. Die kombinierten Kupon- und Pullback-Effekte führen in Portfolios dazu, dass ihre anfänglichen Verluste in höchstens etwa einem Jahr wieder gutgemacht werden.

Ruhig bleiben und langfristig denken

Wir bei SYZ stehen denjenigen, die eine Abwärtsentwicklung an den Märkten prognostizieren, gegenüber. Da sich die Japanisierung einnistet, rechnen wir damit, dass die Zinsen ziemlich niedrig bleiben werden - etwa auf dem heutigen Stand. In einem solchen Umfeld können somit beide Strategien durch einen Relative-Value-Ansatz eine Überperformance generieren. Aber auch die aktivste Strategie kann die Benchmark nicht immer übertreffen. Da es den Strategien frei steht, ausserhalb ihrer jeweiligen Indizes zu investieren, gibt es Zeiten, in denen sie im Rückstand liegen. Längerfristig sind die Strategien aber dafür ausgelegt, ihre Ziele zu erfüllen. In den letzten zwei oder drei Jahren erzielten Anleger mit kurzer Duration keine Gewinne als die Zinsen stiegen; im besten Fall haben sie einfach weniger verloren. Anleger mit kurzer Duration verpassten aber auch den besten Teil; weil sie nicht engagiert waren, gewannen sie auch nichts, als die Entwicklung positiv verlief.

Zusatzrendite von kurz- und langfristigen Anleihen gegenüber Barmitteln
Zusatzrendite von kurz- und langfristigen Anleihen gegenüber Barmitteln
Quelle
SYZ Asset Management, Thomson Reuters Datastream. Daten per 30.12.2016