Asset Allocation Insights

Marktausblick 2022

Mittwoch, 11/17/2021

An den meisten Maßstäben gemessen, wird 2021 als ein außergewöhnliches Jahr für globale Risikoanlagen und die Welt- wirtschaft in Erinnerung bleiben. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts befinden sich die Preise von Aktien, Immobilien und Kryptowährungen auf Rekordniveaus, während auch die Preise für Energie, Lebensmittel und Industriemetalle weiter steigen. Die Inflation in den USA liegt inzwischen auf einem 30-Jahres-Hoch, während die Zahl der offenen Stellen und die Löhne weiter steigen.

Mittwoch 17/11/2021 - 15:38
Charles-Henry Monchau Chief Investment officer
Adrien Pichoud Chief Economist & Senior Portfolio Manager
Luc Filip Head of Discretionary Portfolio Management
Fabrice Gorin Senior Portfolio Manager
Olivier Maurice Managing Partner
Cédric Vuignier Head of Manager Research
Valerie Noël Head of Trading

Einleitung: Goldlöckchen trifft die drei Bären

An den meisten Maßstäben gemessen, wird 2021 als ein außergewöhnliches Jahr für globale Risikoanlagen und die Welt- wirtschaft in Erinnerung bleiben. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts befinden sich die Preise von Aktien, Immobilien und Kryptowährungen auf Rekordniveaus, während auch die Preise für Energie, Lebensmittel und Industriemetalle weiter steigen. Die Inflation in den USA liegt inzwischen auf einem 30-Jahres-Hoch, während die Zahl der offenen Stellen und die Löhne weiter steigen.

Zur Überraschung vieler hat dieses optimistische Zukunftsszenario die Hyperaktivität bei Zentralbanken und Regierungen nicht gedämpft. Die US-Notenbank belässt die Zinssätze weiterhin bei 0% und expandiert ihre Bilanz weiter. Die Geldmenge in den USA ist seit 2020 um fast 40% gestiegen, das ist der größte je dagewesene Anstieg innerhalb eines Zweijahreszeitraums. Die US- Regierung nimmt weiter Kredite auf und gibt trotz der drohenden Schuldenobergrenze Billionen von Dollar aus. Die meisten Industrieländer und Zentralbanken folgen dem Beispiel der USA und setzen auf eine Ausweitung der Geldbasis, fiskalische Anreize und immer höhere Schulden.

Vor Beginn des neuen Jahres stellt sich für Anleger die Frage, ob das seit dem zweiten Quartal 2020 herrschende „Goldlöckchen- Szenario“ hinsichtlich makroökonomischen und Marktedingungen Bestand haben wird. Das gegenwärtige Gleichgewicht sieht ziemlich fragil aus. Ein Überhitzen der Weltwirtschaft sollte vermieden werden, damit die Leitzinsen im Rahmen bleiben, aber sie muss stark genug sein, um Rezessionsängsten entgegenzuwirken.

Wir glauben, dass die schlimmsten Stagflationssorgen an den Märkten bereits eingepreist sind. Für 2022 erwarten wir ein langsameres, aber über dem Potenzial liegendes globales Wirtschaftswachstum. Ironischerweise könnten sich einige negative Überraschungen beim Wachstum für die Anleger als gute Nachricht erweisen. Die Inflation mag zwar noch eine Weile auf hohem Niveau bleiben, aber das unerwartet niedrige Wachstum kann es den Zentralbanken gestatten, die Zinssätze 2022 noch niedrig zu halten. Dies würde sich positiv auf Risikoanlagen auswirken. Weiterhin gehen wir davon aus, dass die Dynamik des Gewinnwachstums globalen Aktien weiterhin Aufwind verleihen wird.

Dieses Goldlöckchen-Szenario bedeutet zwar, dass wir einer „Overweight“-Position in Risikoanlagen den Vorrang geben, wir denken jedoch auch, dass die Volatilität im nächsten Jahr steigen könnte, da die Märkte einigen Abwärtsrisiken ausgesetzt sind. Wir nennen sie die „drei Bären“, und das Erscheinen von nur einem von ihnen könnte einen bedeutenden Marktrückgang auslösen.

Der erste „Bär“ ist China. Das Eingreifen der Regulierungsbehörden dürfte bis 2022 andauern. Darüber hinaus sehen wir bei der chinesischen Regierung   keine   Neigung   dazu,   Impulse   für eine erneute Wachstumssteigerung zu geben. China könnte daher auch im nächsten Jahr enttäuschen und das globale Wirtschaftswachstum belasten, vielleicht sogar etwas   stärker als erwartet. Die Verzögerungen beim Schuldenabbau in einigen Wirtschaftsbereichen, z. B. im Immobiliensektor, stellen ebenfalls ein erhöhtes Risiko für die Märkte dar.

Der zweite „Bär“ ist die hartnäckig hohe Inflation. Lieferengpässe und Arbeitskräftemangel haben die Inflationserwartungen 2021 auf ein hohes Niveau steigen lassen. Eine anhaltende Inflation würde sich negativ auf die Kaufkraft und die Stimmung der Verbraucher auswirken. Die nach unten korrigierten Erwartungen an Wachstum und Normalisierung der Produktion senken zwar das Risiko eines Inflationsschubs im Jahr 2022, doch je länger die hohe Inflation anhält, desto mehr wird sie zum Selbstläufer und gefährdet die Erholung der Weltwirtschaft.

Der dritte „Bär“ ist ein potenzieller Fehler durch die Politik. Es ist allgemein bekannt, dass die jetzige Aktienhausse bis zu einem gewissen Grad von der Geld- und Finanzpolitik abhängig ist. Die weltweiten Zentralbanken scheinen ihre Mäßigung allmählich aufzugeben, und bei der globalen Fiskalpolitik bemerkt man den Wechsel zu einer Straffung. Wir glauben zwar, dass der Markt eine geringfügige und schrittweise durchgeführte geldpolitische Anpassung verkraften würde, der derzeitige Kontext lässt jedoch nicht viel Spielraum für eine falsch kommunizierte politische Entscheidung. Auch hinsichtlich der Haushaltspolitik   besteht das Risiko unliebsamer Überraschungen, und die Bedrohung im Zusammenhang mit der US-Schuldengrenze nimmt zu.

Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass unser disziplinierter und agiler Anlageansatz sich als wirksam dabei erweisen wird, unseren Kunden zu helfen, ihre risikobereinigten Renditeziele zu erreichen. Wir denken außerdem, dass das derzeitige konjunkturelle Umfeld mit reichlich Liquidität und kreativer Disruption auf mindestens zwei Ebenen hervorragende Chancen für Anleger bietet. Zum einen erlebt die Welt gerade eine außergewöhnliche Phase der Innovation, unter anderem in den Bereichen Technologie und Gesundheit sowie bei der Energiewende. In einigen Branchen und Unternehmen kommt es zur Disruption, die den Weg für Gewinner und Verlierer bahnt. Der zweite Bereich, in dem sich Chancen bieten, betrifft Marktverzerrungen. Ein Verschuldungsgrad auf sehr hohem Niveau, zu optimistische Erwartungen und hohe Bewertungen können die Marktvolatilität anheizen und Zwangsverkäufe auslösen. Cleveren Anlegern eröffnet dies außergewöhnliche Alpha-Chancen.

Wir wünschen Ihnen ein frohes neues Jahr und freuen uns darauf, die Gespräche mit Ihnen 2022 fortzusetzen.

Makroökonomische Perspektive: Die Normalisierung steht bevor

In den vergangenen zwei Jahren wurden im Zuge der Covid- Pandemie viele scheinbar fest verankerte Wahrheiten in Frage gestellt, und die Wirtschaftsforschung blieb davon nicht verschont. Mehrere Wirtschaftsdaten haben Werte erreicht, die bis zu diesem Schock für unmöglich gehalten wurden: zweistellige prozentuale Veränderungen bei Konsum oder Industrieproduktion, zuerst nach unten, dann wieder nach oben; monatliche Veränderungen der Beschäftigungszahlen in Millionenhöhe; und enorme Schwankungen der Energiepreise, von der negativen Entwicklung des Ölpreises 2020 bis hin zu steigenden Erdgaspreisen im Jahr 2021.

Die Erholung fiel 2021 sehr stark aus. Die massive Unterstützung durch Zentralbank und Regierungen führte zu einem beispiellosen Nachfrageschub, nachdem der Beginn der Impfkampagnen die erneute Öffnung des Wirtschaftslebens möglich gemacht hatte. Die auf Just-in-Time-Anpassungen ausgelegten weltweiten Lieferketten waren nicht in der Lage, diesen plötzlichen Nachfrageboom zu bewältigen, was zu steigenden Preisen und einer Zunahme von Inflationsängsten führte. Das Ausmaß des Preisanstiegs und dessen mögliche negative Auswirkungen auf Kaufkraft und Konsum im Jahr 2022 haben sogar einen Begriff aus der Versenkung geholt, den die meisten Wirtschaftswissenschaftler 2021 bereits ins Reich der Geschichte verbannt hatten: Stagflation. Aus wirtschaftlicher Sicht waren die letzten zwei Jahre so weit von der Normalität entfernt, wie man es sich nur vorstellen kann.

Die Werte für reales BIP-Wachstum und Inflation werden sich nach dem Auf und Ab der vergangenen zwei Jahre den Niveaus von vor der Covid-Krise annähern.
Real GDP
Quelle
Banque Syz, Factset

 

Mit Blick auf 2022 glauben wir, dass sich die wirtschaftlichen Bedingungen generell wieder den Trends aus der Zeit vor der Covid- Pandemie annähern werden.

Die meisten strukturellen Trends des vergangenen Jahrzehnts wurden durch die Pandemie nicht verändert und bestimmen weiterhin den Ausblick für die Weltwirtschaft. Das Bevölkerungswachstum verlangsamt sich weiter. Technologie dringt in immer mehr Lebensbereiche ein und sorgt für anhaltenden Druck auf viele Preise. Die ständig steigende Verschuldung dämpft nach wie vor die Amplitude der Konjunkturzyklen. 2022 laufen einige der Krisenbewältigungsmaßnahmen nach und nach aus, und die Auswirkungen der Wiedereröffnung und die damit verbundene Disruption werden langsam nachlassen. Vor diesem Hintergrund wird das konjunkturelle Umfeld nach zwei sehr anormalen Jahren immer „normaler“ wirken.

Wenngleich nach wie vor Unsicherheiten angesichts möglicher langfristiger Auswirkungen der Pandemie auf die wirtschaftliche Entwicklung bestehen, beginnen wir 2022 mit drei Überzeugungen.
 

1. Das globale Wirtschaftswachstum wird stabil bleiben und über dem Trend liegen

Die spektakuläre Erholung im Jahr 2021 war außergewöhnlich, und das BIP-Wachstum wird 2022 tendenziell auf nachhaltigere Niveaus zurückkehren. In den Industrieländern wird die Wirtschaftsdynamik jedoch stark bleiben. Die anhaltende Verbesserung der Beschäftigungslage, der Aufholprozess bei den Geschäftsinvestitionen, die Erholung der am stärksten von Covid betroffenen Branchen und die nach wie vor günstigen finanziellen Rahmenbedingungen werden dafür sorgen, dass die BIP- Wachstumsraten deutlich über ihrem langfristigen Potenzial bleiben.

Die Stagnationssorgen sind daher auf globaler Ebene weitgehend übertrieben. Von den großen Volkswirtschaften besteht für China das stärkste Risiko für eine unterdurchschnittliche Expansion. Diese wäre auf eine Kombination von Faktoren zurückzuführen, wie z. B. ein schwächeres Wachstum im Immobiliensektor, Beschränkungen innerhalb der besonders umweltschädlichen und energieintensiven Industrien, Durchgreifen der Regulierungsbehörden in einigen Branchen sowie eine restriktivere Kreditvergabe. Die Regierung verfügt jedoch über die Ressourcen für eine fein abgestimmte Unterstützung und dürfte in der Lage sein, einen übermäßigen Abschwung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu verhindern.


2. Die Inflation wird zurückgehen, wenn die Auswirkun- gen des Angebots- und Nachfrageschocks des Jahres 2021 nachlassen

Beginnen wir mit einigen Fakten zu dem Thema, das 2021 am heftigsten an den Finanzmärkten diskutiert wurde:

  • Fakt Nr. 1: Inflation ist laut Definition der Zentralbanken und Finanzmärkte die Veränderung eines bestimmten Preises oder eines Preiskorbs innerhalb der letzten 12 Monate.
  • Fakt Nr. 2: Inflation und Inflationserwartungen sind 2021 in den meisten Volkswirtschaften deutlich gestiegen, und zwar auf die höchsten Niveaus seit mehreren Jahren oder sogar Jahrzehnten.
  • Fakt Nr.3: DasTempo, mitderdie Inflation zunahm, war weitgehend die Folge der Geschwindigkeit und Stärke der wirtschaftlichen Erholung (Basiseffekte, kombinierter Angebots- und Nachfrageschock).
  • Fakt Nr. 4: Wenn die Preise nach dem Anstieg im Jahr 2021 bis zum nächsten Jahr alle auf ihrem hohen Niveau bleiben, liegt die Inflation Ende 2022 (laut Definition) bei Null. Sinken die Preise nur leicht unter ihr derzeitiges hohe Niveau, ist die Inflation in einem Jahr negativ.
  • Fakt Nr. 5: Damit die Inflationsrate auf dem gleichen hohen Niveau wie jetzt bleibt, müssen die Preise für Waren und Dienstleistungen im nächsten Jahr den gleichen Anstieg wie 2021 verzeichnen. Steigen sie weiter, aber nur noch halb so schnell wie in diesem Jahr, liegt die Inflation 2022 nur noch halb so hoch wie dieses Jahr.

Unter Berücksichtigung dieser Fakten glauben wir, dass die Inflationssorgen 2022 nachlassen werden. Die Basiseffekte, die sich auf die 12-Monats-Inflation auswirken, werden zurückgehen.

Der Aufwärtsdruck durch die steigende Nachfrage   wird   mit der Normalisierung des Verbrauchsverhaltens nachlassen. Der Aufwärtsdruck auf die Preise aufgrund von Spannungen in der Lieferkette und Lieferengpässen wird nachlassen, da die Kapazitäten angepasst und die Rückstände abgearbeitet werden. Diese Faktoren dürften auch die Energiepreise treiben und eine Fortsetzung des starken Anstiegs von 2021 verhindern, solange die Angebotsseite nicht zu sehr von geopolitischen Faktoren beeinflusst wird. Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass sich die Inflationsraten in den entwickelten Volkswirtschaften verlangsamen und sich bis zum Ende des Jahres den Zielvorgaben der Zentralbanken (größtenteils 2 %) annähern werden. Die Inflationsdynamik in Schwellenländern unterliegt möglicherweise einer stärkeren Streuung und kann von internen Faktoren wie zum Beispiel innenpolitischen Vorgängen und Währungsschwankungen beeinflusst werden. Eine Inflationsspirale, wie es sie in den 1970er Jahren gegeben hat, ist höchst unwahrscheinlich, es sei denn, Löhne und Gehälter würden an die Inflation gekoppelt, um die reale Kaufkraft der Haushalte trotz steigender nominaler Preise zu erhalten. Die Entwicklung der Löhne und Gehälter im Jahr 2022 wird daher für die Inflationsaussichten von entscheidender Bedeutung sein. Da jedoch die Pandemie bedingten staatlichen Unterstützungsprogramme für Arbeitslose auslaufen und die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt zur Normalität zurückkehren, ist dieses Risiko unwahrscheinlich, und der Anstieg der Löhne im Jahr 2021 dürfte eine einmalige Erholung anstatt der Beginn eines neuen Trends gewesen sein.

Die Entwicklung der Löhne und Gehälter im Jahr 2022 wird daher für die Inflationsaussichten von entscheidender Bedeutung sein. Da jedoch die Pandemie bedingten staatlichen Unterstützungsprogramme für Arbeitslose auslaufen und die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt zur Normalität zurückkehren, ist dieses Risiko unwahrscheinlich, und der Anstieg der Löhne im Jahr 2021 dürfte eine einmalige Erholung anstatt der Beginn eines neuen Trends gewesen sein.

 


3. Zentralbanken und Regierungen werden krisenbe- dingte Maßnahmen auslaufen lassen, aber sie werden die Wirtschaftstätigkeit weiterhin stark fördern.

Das rasche, entschlossene und gemeinsame Eingreifen der Zentralbanken und Regierungen während der Covid-Krise war in vielerlei Hinsicht von entscheidender Bedeutung. Es trug dazu bei, die kurzfristigen Auswirkungen des Schocks abzufedern, und wirkte der Zerstörung von Produktionskapazitäten entgegen, die andernfalls die mittelfristigen Wachstumsaussichten beeinträchtigt hätte. Und schließlich sorgte die Unterstützung für eine Konjunkturerholung im Turbogang, nachdem die Wirtschaftsaktivitäten größtenteils wieder aufgenommen werden konnten. Nach Konfrontation mit einem beispiellosen wirtschaftlichen Schock kam es zu Liquiditätsspritzen, geldpolitischer Lockerung und Steuerausgaben in nie dagewesenem Ausmaß.

 

Die Expansion der Bilanzen der Zentralbanken wird nach dem Covid-bedingten Anstieg allmählich enden. Aber man sollte nicht er- warten, dass sie in absehbarer Zeit schrumpfen werden!
Central bank's balance sheet
Quelle
Banque Syz, Factset

Mit dem Nachlassen der durch Corona verursachten Störungen und der allmählichen Normalisierung der Wirtschaftslage ist das Auslaufen der geld- und fiskalpolitischen Unterstützungsmaßnahmen, das 2021 begann, durchaus gerechtfertigt. China, das Land, im dem der Corona-Zyklus startete, war die erste große Volkswirtschaft, die das Kreditwachstum wieder normalisiert hat. Zu einer ähnlichen Entwicklung wird es im kommenden Jahr in den Industrieländern in der Fiskalpolitik kommen, wenn die Staatsausgaben zurückgefahren werden, nachdem sich der private Konsum und die Investitionen weiter erholt haben. Die Normalisierung wird sich auch auf in der Geldpolitik zeigen, indem die Liquiditätsspritzen der Zentralbanken allmählich eingestellt werden. In den angelsächsischen Volkswirtschaften sind sogar Erhöhungen der Kurzfristzinsen denkbar, während diese für die Eurozone, die Schweiz und Japan noch in weiter Ferne liegen.

Die schrittweise Rücknahme einiger ultralockerer fiskal- und geldpolitischer Maßnahmen darf nicht mit einer klassischen Zins- oder Geldstraffung verwechselt werden. Die finanziellen Rahmenbedingungen werden auch 2022 noch sehr locker bleiben und den Aufschwung weiter stützen, selbst wenn es weniger Liquiditätsspritzen und möglicherweise etwas höhere Zinssätze geben sind. Denn die Realzinsen in USD, EUR, CHF und GBP werden nämlich negativ bleiben und somit sehr attraktive Finanzierungsbedingungen für Unternehmen, Haushalte und Regierungen bieten. Zwar lässt sich das Risiko einer politischen Fehlentscheidung nicht ausschließen, die Zentralbanken sind jedoch nach wie vor besorgt wegen der Risiken eines wirtschaftlichen Abschwungs und werden wahrscheinlich nicht überstürzt handeln, solange es nicht zu hartnäckig hohen Inflationswerten kommt. Der Policy Mix wird das Wirtschaftswachstum auch 2022 noch stützen und könnte bei Bedarf sogar eine Lockerung in China umfassen.

Wir gehen davon aus, dass 2022 nach einigen wirtschaftlich sehr unbeständigen Jahren durch die „Rückkehr zur Normalität“ gekennzeichnet sein wird. Diese Entwicklung ist zu begrüßen, denn sie signalisiert die nachlassenden Auswirkungen der Corona- Pandemie, steigende Beschäftigungszahlen, eine niedrigere Inflation, den Abbau der Staatsdefizite und eine weniger unkonventionelle Politik der Zentralbanken. Sie hat aber auch einen Nachteil: Denn sie lässt auch eine Rückkehr zu dem Umfeld mit niedrigem Wachstum/ niedriger Inflation/hoher Verschuldung erwarten, das vor Corona herrschte.

Assetallokation: Taktischer Ansatz für die Portfoliokonstruktion

Im Einklang mit unserem langfristigen Anlagestil bevorzugen wir für 2022 einen taktischen Ansatz, der auf strukturellen Überzeugungen basiert.

In Übereinstimmung mit unseren makroökonomischen Ausblick geben wir bei der Assetallokation weiterhin Aktien den Vorzug, da die Märkte von einer starken Gewinnwachstumsdynamik profitieren dürften. Trotz den manchmal schwierigen Bewertungen stellen Aktien angesichts der soliden Wachstumsaussichten und der niedrigen Zinsen nach wie vor die attraktivste Assetklasse dar. Wir gehen davon aus, dass dieses starke Gewinnwachstum die allmähliche Normalisierung der Fiskal- und Geldpolitik mehr als ausgleichen wird. Was die Allokation nach Branchen anbetrifft, behalten wir unsere strukturelle Präferenz für Aktien mit Potenzial für Qualitätswachstum aus den Bereichen Informationstechnologie, zyklische Konsumgüter und Gesundheitswesen bei. Taktisch sind wir im aktuellen Kontext selektiv in zyklischen Branchen wie Materialien und Industrieunternehmen engagiert.

Bei Anleihenallokation in einem Portfolio starten wir 2022 mit einer vorsichtigen Haltung gegenüber Zins- und Spreadrisiken. Daher setzen wir auf ein gestaffeltes Engagement, bei dem kurzfristige Anleihen aus Schwellenländern mit einer strukturellen Positionierung in mittelfristigen Investment-Grade-Anleihen kombiniert werden. Angesichts unseres positiven Ausblicks für Aktien haben wir auch ein gewisses Engagement in Wandelanleihen, die eine attraktive Option darstellen können. Wir erwarten, dass sich 2022 nach einem sehr schwierigen Vorjahr für Rentenanleger als konstruktiver erweisen wird, und sind bereit, unsere Duration zu erhöhen, sobald mehr Klarheit über den Normalisierungspfad der Zentralbanken besteht. Aber wir haben es nicht eilig, denn das Risiko einer Ausweitung der Spreads in Verbindung mit steigenden Zinsen besteht weiterhin.

Was die abgekoppelte Positionen betrifft, sind wir der Ansicht, dass Sachwerte wie Gold und Rohstoffe in dem Marktumfeld, das wir für 2022 erwarten, ein attraktives Risiko-Rendite-Verhältnis bieten.

Die größten Risiken für das Jahr 2022 bestehen in der schrittweisen Zurücknahme der Unterstützungsmaßnahmen durch Zentralbank und Regierungen vor dem Hintergrund hoher Bewertungen. Daher sind eine gewisse Vorsicht und Selektivität bei Umfang und Zusammensetzung der Aktienallokation angebracht. Für 2022 gehen wir von einem Markt mit mehr Volatilität aus und empfehlen, weiter taktisch zu handeln und insbesondere Optionsstrategien zur teilweisen Absicherung von Portfolios einzusetzen. Diese Optionsstrategien dürften zu asymmetrischen Renditen führen.

Aktien: Rückkehr zum Stockpicking

Anfang 2021 erwarteten wir, dass stark benachteiligte Branchen wie Energie, Banken, Reisen und Freizeit in Erwartung wirksamer Impfkampagnen zum breiten Markt aufschließen würden. Eine Reihe von Konjunkturindikatoren, darunter Mobilität, Flugverkehr und Verbraucherausgaben, zeigen, dass die wirtschaftliche Normalisierung in vollem Gange ist. Dennoch bleibt der Weg zur vollständigen Erholung uneinheitlich und es bestehen weiterhin Unterschieden zwischen Regionen und Branchen.

Mehrere Aktiensektoren, die 2021 in den USA am besten abgeschnitten hatten, wurden 2020 von den Märkten stark abgestraft. Sowohl Energie als auch Banken erreichten eine Performance, die mehr als das Doppelte des breiteren Markts betrug, und liegen nun über ihren Niveaus von vor Corona. Darüber hinaus erlebten einige der Performance-Stars des Jahres 2020, die von Lockdowns und Homeoffice profitiert hatten, ein schwieriges 2021. Unternehmen wie der E-Commerce-Riese Amazon, der Videokommunikations-Leader Zoom oder der Heimfitness-Marktführer Peloton bekamen 2021 alle den Wandel im Verbraucherverhalten zu spüren. Verständlicherweise kehrten Verbraucher gerne zum stationären Einzelhandel zurück, Angestellte hielten lieber persönliche Treffen ab und Radfahrer und Läufer freuten sich, ihre Sportarten wieder mit anderen gemeinsam betreiben zu können.

Wie 2021 erwarten wir, dass das Konjunkturumfeld weiterhin günstig für Aktien bleibt.

Nach den globalen Umbrüchen im Jahr 2020 erinnerte 2021 die Anleger daran, dass lokale/sektorale Umbrüche weh tun können. Die chinesische Regierung verhängte harte Maßnahmen gegen Branchen wie das gewinnorientierte Bildungsanbieter und den breiten Technologiesektor. Viele Unternehmen büßten innerhalb weniger Wochen mehr als die Hälfte ihres Marktwerts ein.

Aber Umbrüche können auch taktische Chancen bieten. Ein Umbruch tritt laut Definition zwar unerwartet ein, wir glauben jedoch, dass eine hartnäckig hohe Inflation, die nicht unser Hauptszenario ist, nicht alle Unternehmen gleichmäßig treffen würde. Die gute Nachricht ist, dass die meisten der von uns favorisierten Unternehmen Preisfixierer und nicht Preisnehmer sind. Mit anderen Worten: Sie haben Preismacht und können steigende Kosten an ihre Kunden weitergeben. Sie bieten Dienstleistungen oder Waren an, die nur wenige andere anbieten können. Die Knappheit sowohl an Materialien als auch und Know-how bietet Investmentchancen.

Wir glauben, dass 2022 ein gutes Umfeld für Aktienanleger bieten dürfte, da die Erträge wieder in den Mittelpunkt rücken. 2021 trieb die steigende Flut alle Boote nach oben, aber angesichts der Märkte mit relativ hohen Bewertungen haben Anleger im Jahr 2022 eine geringere Sicherheitsspanne und müssen Unternehmen auswählen, die sie nicht enttäuschen werden.

Anleihen: Agil bleiben

Die Inflation stieg 2021 stärker an und erwies sich als hartnäckiger als von den Anlegern erwartet. Was passiert 2022? Zwei Faktoren, die für den Anstieg der Inflation im Jahr 2021 verantwortlich waren, werden im kommenden Jahr nicht länger bestehen: eine sehr niedrige Ausgangsbasis und die gleichzeitig auftretenden Spannungen zwischen Angebot und Nachfrage. Inflationszyklen sind in der Regel mit einer starken Nachfrage verbunden, wie wir es 2021 erlebt haben; die Nachfrage dürfte im nächsten Jahr jedoch leicht zurückgehen. Gleichzeitig wird der Druck auf die Produktionskosten spürbar abnehmen. Darüber hinaus bleibt das Vertrauen der Verbraucher unter dem Niveau von 2017- 2019. Das Hauptrisiko in unserem Basisszenario ist der Druck auf die Lohninflation, dabei ist allerdings zu beachten, dass die Gewerkschaften nicht mehr so stark wie in der Vergangenheit sind und dass die Pandemie den digitalen Wandel beschleunigt hat.

Das Gefahr einer geld- oder fiskalpolitischen Fehlentscheidung oder einer abrupten Politikänderung ist ebenfalls von Bedeutung, insbesondere für Emittenten mit geringer Qualität. 2021 war die Ausfallquote dank Subventionen und Moratorien sehr niedrig. Ein plötzlicher Wegfall der Unterstützung könnte sich auf Unternehmen mit hohem Fremdkapitalanteil auswirken, insbesondere solche aus Segmenten mit B- und CCC-Rating.

Regulatorische Änderungen in China, sei es im Technologie-, Bildungs- oder Immobiliensektor, werden eher eine Chance als ein Risiko für Anleihen darstellen. Darüber hinaus wird die im Oktober 2021 erfolgte Aufnahme Chinas in den World Governments Bond Index (WGBI) zu Zuflüssen führen. Dies dürfte das Tempo der monatlichen Käufe durch ausländische Anleger um fast 50% erhöhen und den chinesischen Anleihemarkt stützen. Selbstverständich wird es darauf ankommen, selektiv zu handeln und sich auf eine hohe Kreditqualität zu konzentrieren.

Darüber hinaus ist es unwahrscheinlich, dass wir in einen langen Zyklus der geldpolitischen Straffung eintreten, denn in den meisten Industrieländern werden die Zentralbanken nicht in der Lage sein, ihren neutralen Leitzins zu erreichen, ohne die Wirtschaft zu schwächen. Dies ist eine Rückkehr zur Normalität nach einer in der modernen Geschichte einzigartigen Situation.

Und die Staatsanleihen? In einem ausgewogenen Portfolio sorgen Staatsanleihen weiterhin für Diversifizierung und dienen als sicherer Hafen im Falle eines plötzlichen Einbruchs an den Aktienmärkten. Auch Staatsanleihen der Peripherieländer betrachten wir weiterhin mit Wohlwollen, sind aber vorsichtiger, da sie eine höhere Volatilität aufweisen.

Image removed.Bei den Schwellenländern bleiben wir selektiv. 2021 war ein schwieriges Jahr für Rentenwerte aus Schwellenländern, aber die Bewertungen haben sich verbessert und scheinen im Vergleich zu anderen Segmenten attraktiver zu sein. Darüber hinaus haben 

mehrere Zentralbanken mit der Straffung ihrer Geldpolitik begonnen, was den Anleihemarkt kurzfristig destabilisieren und Chancen für selektive und geduldige Anleger eröffnen kann. Chancen, wie solche im chinesischen Immobiliensektor, wurden bereits genutzt und dürften sich mittelfristig auszahlen; die weit verbreitete Panik schuf große Chancen, 2022 eine positive Performance zu erzielen.

Die Volatilität bei den Zinsen dürfte insgesamt hoch bleiben und bei den Kreditspreads zunehmen. Trotz des Niedrigzinsumfelds sind Anleihen weiterhin attraktiv, solange sich Anleger nicht auf einen Buy-and-Hold-Ansatz beschränken, sondern agil bleiben und Chancen nutzen.

Wie sehen in diesem Umfeld unsere Präferenzen für 2022 aus? Wir halten nachrangige Schuldtitel und Wandelanleihen weiterhin für interessant.

Diese beiden Assetklassen haben sich in diesem Jahr besser entwickelt als der gesamte Anleihemarkt, und wir erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Außerdem liegen beide unter ihren historischen Höchstständen. Dies gilt insbesondere für Wandelanleihen von asiatischen Emittenten. 

Wir favorisieren nach wie vor Investment-Grade- gegenüber Hochzinsanleihen. Die Bewertungen von Hochzinsanleihen scheinen weiterhin ‚perfekt bepreist’ zu sein und könnten in den nächsten 18 Monaten unter der Straffung der Finanzpolitik und der Refinanzierung leiden. Im Bereich der Investment-Grade- Anleihen gab es eine hohe Aktivität bei den Ratingagenturen, die vor allem Unternehmen heraufstuften, die 2020 in die Kategorie der Hochzinsanleihen fielen. Trotzdem favorisieren wir weiterhin BBB- Emittenten mit kurzen bis mittleren Laufzeiten. Die Märkte haben die Normalisierung der Geldpolitik am vorderen Ende der Renditekurve stark neu bewertet und sie attraktiver gemacht.

Private Märkte: Nur ein „Derivat“ der öffentlichen Märkte oder eine echte Alternative?

 

2021 wird in der Finanzgeschichte als ein außergewöhnliches Jahr für Risikoanlagen in Erinnerung bleiben. Auch wenn Private Equi- ty weniger sichtbar war als die öffentlichen Märkte, war es doch ein bedeutendes Jahr für Private Equity hinsichtlich der abges- chlossenen Geschäfte, der gezahlten Bewertungen und der Exits, einschließlich der viel beachteten Technologie-Börsengänge. Für 2022 erwarten wir weiterhin ein gesundes Wachstum, das jedoch zum großen Teil bereits eingepreist ist. Vermögensverwalter müs- sen sich intelligent positionieren, um die idiosynkratischen Rendit- en zu erzielen, die private Märkte generieren können, und dürfen sich nicht von einer scheinbaren Portfoliodiversifizierung verleiten lassen, die tatsächlich nur die hohen Risikoprämien verdoppelt, die bereits in ihren öffentlichen Portfolios vorhanden sind.

Private Märkte erweitern und bereichern unser Anlageuniversum, in- dem sie Anlegern Zugang zu attraktiven Vermögenswerten und Un- ternehmen bieten, die an öffentlichen Märkten nicht verfügbar sind. Sie ermöglicht Anlegern auch, eine längerfristige Perspektive einzu- nehmen, und dabei gleichzeitig die Fallstricke des kurzfristigen Den- kens und einer suboptimalen Entscheidungsfindung bei der Kon- frontation mit der Marktvolatilität zu vermeiden. Weniger effiziente private Anlagen können sorgfältig vorgehende Anleger für gründli- che Analysen und gut ausgeführte Wertschöpfungspläne belohnen. Nicht zuletzt ist es Anlegern damit möglich, an Erfolgsgeschichten zu partizipieren, bevor sich ein solches Wachstum normalisiert.

Von Kryptowährungen abgesehen erwarten wir, dass die Nasdaq 2021 der klare Gewinner sein wird. Erfolg zieht Erfolg an, daher planen die meisten Anleger, ihr Engagement im Technologiebereich zu erhöhen, bemerken aber auch, dass börsennotierte Technolo- gieunternehmen nur die Spitze des Eisbergs sind. Da Unternehmen länger in Privatbesitz bleiben, können Anleger versuchen, sich an wachstumsstarken Unternehmen zu beteiligen, bevor diese durch einen Börsengang an die Börse gehen. Doch je länger sie warten, desto mehr nimmt das Bewertungsrisiko zu, vor allem in der heu- tigen Zeit mit vollen Kassen. Andererseits bergen Anlagen in der Frühphase ein erhebliches Geschäfts- und Durationsrisiko, das nur durch eine angemessene Diversifizierung und die Verfügbarkeit von Folgekapital gemildert werden kann. Das richtige Gleichgewicht liegt wohl irgendwo dazwischen, aber der Zugang zu solchen Möglich- keiten erfordert spezielle Fertigkeiten und Netzwerke.

Der Aufbau eines Privatmarkt-Portfolios zur Risikostreuung über verschiedene Lancierungsjahre erfordert Zeit und Disziplin. Weder Krise noch Euphorie sollten Anleger davon abhalten, ihre strate- gischen Ziele bei der Vermögensaufteilung zu verfolgen. Je nach makroökonomischen Umfeld und der Bewertungslandschaft könnt- en Allokatoren jedoch attraktivere Segmente favorisieren. In Zeiten 

reichlich vorhandener Liquidität und eines intensiven Wettbewerbs um Geschäftsabschlüsse werden Zeit und Ressourcen für Nachfol- geregelungen in Familienunternehmen oder die Veräußerung nicht strategischer Vermögenswerte aufgewendet.

Die Komplexität und die geringen Transaktionsgrößen ermöglichen es uns, Geschäfte zu vernünftigen Bewertungen abzuschließen und unser Risikokapital zu begrenzen.

Vor dem Hintergrund von Marktzyklen sind Distressed-Strategien interessant. In den dunkelsten Tagen des Lockdowns wurden welt- weit von einer Vielzahl von Geldgebern Rekordsummen aufgebracht. Einige wurden durch kurzlebige Chancen mit geringem Volumen enttäuscht. Nur sehr wenige Anleger hatten die Zeit, vor den ersten Impfstoffen hochwertige Assets zu niedrigen Preisen zu erwerben, und die anschließende Hoffnung auf Erholung machte Geschäfts- chancen zunichte. Auch die erwartete Konkurswelle blieb aus, da in den meisten Ländern Moratorien eingeführt wurden, die es Un- ternehmen ersparten, Insolvenzanträge zu stellen. Wenn diese Mor- atorien auslaufen, können sich selektive Möglichkeiten ergeben.

Trotzdem konnten wir bis zum Jahresende krisenbedingte Chancen nutzen, insbesondere bei unseren Strategien zur Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten, in deren Rahmen wir eine wachsende Zahl von Insolvenz- und Betriebskontinuitätsverfahren finanzieren. Wir glau- ben, dass dies eine der überzeugendsten Möglichkeiten ist, ohne Marktengagement von der Krise zu profitieren, und es ist ein weit- eres Beispiel für die Diversifizierungsvorteile, die Privatmärkte einem Portfolio bieten können.

Hedgefonds: Neue Chancen in China

Chinas wachsender Bedarf an medizinischer Versorgung und medizinischen Innovationen, getrieben durch steigenden Wohl- stand und eine alternde Bevölkerung, eröffnen neue Möglichkeit- en. Chinas Bevölkerung gibt derzeit nur einen Bruchteil dessen aus, was in Industrieländern für die Gesundheitsversorgung aufgewandt wird. In dem Maße, wie chinesische Unternehmen den Zugang zu Gesundheitsdiensten ausweiten und Biotechnologie und Medika- mente finanzieren, um die Nachfrage zu befriedigen, werden sich unserer Einschätzung nach gute Einstiegsmöglichkeiten für An- leger ergeben.

Die letzten Monate haben den Bedarf unterstrichen, in die besonders robusten Branchen der chinesischen Wirtschaft zu investieren. Die Regulierung und das schnelle Wachstum haben dies zu einer Herausforderung gemacht, aber wir glauben, dass das Thema Gesundheitswesen Erträge bringen wird. Wir arbeiten mit spezialisierten Managern in Hongkong, in Festlandchina und in den USA zusammen daran, die Entwicklungen zu verfolgen und das Potenzial der einzelnen Innovationen zu bewerten.

Chinas medizinische Innovationen liegen zwar immer noch hinter den Fortschritten europäischer und US-amerikanischer Entwickler zurück, die für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung aufgewendeten Ressourcen zeigen jedoch, dass die Branche vor einer Welle des Fortschritts zu stehen scheint.

Die Aktienmärkte reagieren allgemein auf die   Normalisierung der Geldpolitik. Die Notkäufe von Vermögenswerten durch die Zentralbanken stützten die Märkte während der Pandemie und ließen es für Anleger unwichtig erscheinen, die Fundamentaldaten der Aktien zu prüfen. Dieses Jahr sahen wir ein extrem schwieriges Umfeld auf der Short-Seite durch ein Short Squeeze auf Reddit und einer mangelnden Dispersion zwischen Long- und Short-Positionen. Große Bewegungen auf Ebene der Industriebranchen folgten makroökonomischen Themen. Dies schuf für Aktienmanager das schlechteste Umfeld zur Generierung von Alpha seit mehr als einem Jahrzehnt.

 

All dies hat sich geändert, seitdem die Zentralbanken der Industrieländer über eine Anhebung der Zinssätze und Ausstieg aus ihrem Anleihekaufprogramm (Tapering) sprechen. In der Zwischenzeit wurden viele Anleger daran erinnert, wie viel Resilienz Hedgefonds bieten können.

Infolgedessen   schenken   die   Märkte   den    Gewinnen    und den Aussichten von Unternehmen mehr Aufmerksamkeit. Kurzfristig erwarten wir daher, dass Überraschungen bei den Unternehmensgewinnen zu mehr Volatilität führen werden, da Anleger wieder beginnen, innerhalb der Branchen zu unterscheiden. Dies ist sehr positiv für unsere Stock-Picker, die nach Chancen für die Alpha-Generierung Ausschau halten.

In der Zwischenzeit sehen wir Werte in alternativen OGAW- Fonds. Die niedrigeren Renditeerwartungen, die vor allem darauf zurückzuführen sind, das Hebelwirkung und Konzentration geringer als bei klassischen Hedgefonds sind, werden durch eine bessere Liquidität kompensiert. Diese Flexibilität gestattet uns eine mehr Trading-orientierte Ausrichtung bei der Verwaltung eines Portfolios alternativer OGAW-Fonds.

Nicht zuletzt sind wir nach wie vor vom Wert von Wandelanleihenar- bitrage-und Fusionsarbitrage-Strategien überzeugt, die dank ihrer fehlenden Korrelation mit dem Gesamtmarkt für Diversifizierung sor- gen können.

Trading: Aufbrausen statt Überschwang

Dieses Jahr verlief für Risikoanlagen relativ ruhig, denn Aktienmärkte hatten einige Hindernisse (Zinsen, China usw.) zu überwinden, um Rekordwerte zu erreichen. Eine der großen Fragen, die sich Tradern stellt, ist, ob genügend Überschwang vorhanden ist, um ein Top an den Märkten auszurufen. Es ist ein gemischtes Bild.

Marktspitzen sind zum Beispiel häufig durch hohe Zuflüsse in Aktienmarktfonds gekennzeichnet. Börsengehandelte Fonds (ETF) verzeichneten 2021 starke Zuflüsse, wobei die US-amerikanischen ETF einen Wert von 7 Billionen USD erreichten, nachdem sie im vergangenen Jahr um 2 Billionen USD zulegen konnten. Insgesamt blieben die aggregierten Zuflüsse zu Aktienfonds jedoch enttäuschend, und auch das Vermögen der Geldmarktfonds blieb hoch. Die Bewegungen bei Börsengängen (IPO), die oft als Indikator für ungesunde Spekulationen angesehen werden, haben sich im Vergleich zu Anfang des Jahres, als der Markt von SPAC (Special Purpose Acquisition Companies) angeheizt wurde, erheblich verlangsamt. Die verstärkte Prüfung dieser Vehikel durch die US- Behörden hat die Zahl der Börsengänge verlangsamt.

Der Anstieg beim Retail-Trading wurde von vielen als Zeichen dafür gewertet, dass der Bullenmarkt kurz vor der Erschöpfung steht. Die Demokratisierung von Online-Plattformen wie Robinhood und die Rolle von Social-Media-Investmentplattformen wie #WallStreetBets auf Reddit haben das Gleichgewicht der Trading-Volumina zwischen institutionellen und privaten Anlegern verändert. Goldman Sachs hat zum Beispiel gezeigt, dass die Hälfte aller Single-Stock- Optionsgeschäfte in den USA von privaten Anlegern getätigt wurden. Man sollte nicht vergessen, dass die Beteiligung von Privatanlegern am Bullenmarkt zwischen 2008 und 2020 begrenzt war, so dass eine gewisser Neujustierung längst überfällig war.

Die technischen Indikatoren zeigten, dass die Marktbreite so gut wie nie zuvor in der Geschichte war. Die Führerschaft bei Branche und Stil erweist sich derweil als Geschichte von zwei Märkten. Im ersten und letzten Quartal des Jahres erzielten zyklische Werte und Aktien mit hohem Beta dank steigender Anleiherenditen eine Outperformance. Dazwischen legte der zyklische Handel eine Pause ein, während defensive Branchen aufgrund sinkender Anleiherenditen eine Outperformance erzielten. Risikonbereitschaft lag bis Ende September im Trend, ebenso wie der Appetit einiger Anleger auf Meme-Aktien, der allerdings geringerer als im ersten Quartal ausfiel.

Und in den letzten Monaten des Jahres entwickelte sich eine interessante Dichotomie - die Volatilität an den Anleihemärkten nahm zu, während die Aktienvolatilität zurückging.

Dies scheint darauf hinzudeuten, dass Anleger den seit langem erwarteten Zinserhöhungszyklus als ein Problem für den Anleihemarkt, aber nicht für Aktien ansehen, oder wenigstens nicht im Moment.

Auf der Währungsseite wurden die wichtigsten Währungen der Industrieländer innerhalb einer engen Bandbreite gehandelt, und der Schweizer Franken blieb gegenüber allen wichtigen Währungen relativ stark. Der Marktstress konzentrierte sich auf einige wenige Währungen aus Schwellenländern wie den brasilianischen Real oder die türkische Lira. Die Schwäche des japanischen Yen kann als weiteres Zeichen für eine anhaltende Risikobereitschaft gewertet werden. Rohstoffe waren die Assetklasse, die neben Kryptowährungen am besten abschnitt, aber die Volumina bleiben weit unter ihren historischen Höchstständen.

Über herkömmliche Anlageklassen hinaus könnte 2021 als das Jahr in Erinnerung bleiben, in dem Kryptowährungen und digitale Vermögenswerte ihren Durchbruch erlebten. Die Marktkapitalisierung von Kryptowährungen als Anlageklasse stieg in der Tag von unter einer Billion Dollar auf mehr als 3 Billionen USD. Außerdem kamen plötzlich Blockchain-Anwendungen wie DeFi und NFTs (Non-Fungible Tokens) auf. Und nicht zuletzt war das Jahr von einer breiteren Akzeptanz von Kryptowährungen in der Finanzbranche geprägt, mit Einführung des ersten Bitcoin-ETF, dem Börsengang von Coinbase, der Verwahrung von Kryptowährungen und dem weltweiten Handel durch große Banken. Die Aufnahme von Kryptowährungen in globale Portfolios ist nicht nur für Kleinanleger, vermögende Privatpersonen oder Hedgefonds interessant, sondern auch für Institutionen und Unternehmen wie Tesla, Square oder MicroStrategy. Dies geschah trotz eines Absturzes der Kryptowährungen im Mai, der auf ein Verbot von Mining in China und Androhungen von strengeren Regulierungen weltweit folgte.

Alles in allem bestehen in der Tat Anzeichen für einen Aufschwung bei privaten und institutionellen Anlegern, aber es ist vielleicht noch verfrüht, von Überschwang zu sprechen. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Entwicklung 2022 fortsetzen wird.