In Bezug auf Angst und Schrecken konnte Halloween den Anlegern in diesem Jahr einiges bieten. Sie haben einen der beängstigenden Monate hinter sich, in dem sie Gestalten wie Donald Trump, Jerome Powell und Matteo Salvini das Fürchten lehrten.
Trotz der legitimen Befürchtungen über China oder den Höhepunkt der Gewinne bestand der eigentliche Auslöser der Marktkorrektur im Oktober in der plötzlichen Rückkehr von TIARA. Dabei handelte es sich aber nicht um einen Hurrikan oder die Schwester der Killerpuppe Chucky, sondern um das Akronym für «there is a real alternative» (es gibt eine echte Alternative). Nach einem Jahrzehnt der finanziellen Repression löst TIARA die Vorstellung ab, dass es «keine Alternative» gebe - auf englisch «there is no alternative», kurz TINA. Mit anderen Worten: Zum ersten Mal seit der grossen Finanzkrise sind die Renditen von US-Treasuries höher als die Inflationsrate. US-Anleger müssen keine zusätzlichen – und möglicherweise unerwünschten – Risiken mehr eingehen, um die Kaufkraft ihrer Ersparnisse zu erhalten.
Wenn der jüngste Rückgang der Aktienmärkte hauptsächlich durch Rezessionsängste ausgelöst worden wäre, hätten die üblichen «sicheren Häfen», wie langfristige US-Treasuries oder der Schweizer Franken im letzten Monat zugelegt. Dies war jedoch nicht der Fall. Die Rückkehr von TIARA, die von der US-Notenbank (Fed) und Jerome Powell bei der Sitzung des Offenmarktausschusses im September signalisiert wurde, wirkt wie ein starker Magnet, der Mittel aus Anlagen abzieht, die keine ausreichende Kompensation im Vergleich zu einem einfachen Festgeldkonto bieten.
Dies könnte als letzte Etappe der geldpolitischen Normalisierung in den USA angesehen werden, sofern die Fed, wie von uns erwartet, nicht durch einen übermässigen Inflationsdruck zu einer noch restriktiveren Geldpolitik gezwungen wird. Dieser lange, allmähliche und ziemlich hektische Prozess begann vor über fünf Jahren mit Ben Bernanke und dem «Taper Tantrum». Seither haben sich die Bewertungen vieler Anlagen mehr oder weniger angepasst: Gold, Schwellenländeranlagen – die sich analog zu den US-Zinserhöhungserwartungen bewegten – und sogar einige Bereiche der Aktienmärkte, wie US-Small-Caps oder der Technologiesektor. Diese hatten bis vor Kurzem dem Gravitationsgesetz der Barrenditen getrotzt.
Somit könnte der jüngste Abverkauf an den Aktienmärkten durchaus als gesunde Korrektur angesehen werden, die das Gleichgewicht wiederherstellte. Vor diesem Hintergrund möchten wir nach wie vor Aktienrisiken in unseren Portfolios halten, denn die Bewertungen haben sich inzwischen verbessert, die Wachstumsaussichten sind immer noch günstig und die Inflation stellt keine echte Gefahr dar. Aufgrund des asymmetrischen Verhältnisses zwischen den potenziellen Gewinnen und Verlusten haben wir jedoch nach wie vor eine Abneigung gegen Duration und insbesondere gegen Kreditrisiken. Um es ganz unverblümt auszudrücken: Nachdem die Fed jetzt versucht, den 30 Jahre alten Greenspan-Put zurückzunehmen, sollten Vermögensverwalter überlegen, ob Duration weiterhin einen Puffer in einem volatilen Marktumfeld bietet, oder ob Unternehmensanleihen auch künftig bessere risikobereinigte Erträge abwerfen werden als Aktien. Ein Mix aus Gold und renditegenerierenden liquiden US-Dollar-Anlagen könnte ein nützliches Gegengewicht zu Aktienrisiken bieten und die Portfoliovolatilität insgesamt reduzieren.
_Fabrizio Quirighetti